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Patrick Hiob | Was kommt nach dem Fußball?

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Der Oststeinbeker Patrick Hiob ist eine der schillerndsten Figuren der Hamburger Fußballszene. Im großen Interview zeigt der 29-Jährige eine wunderbar ehrliche Seite. Er spricht über prächtige Kulissen in Afrika, sein Leben als Familienvater und betuchte Hiob-Anhänger.

Patrick Hiob, die „Bild“-Zeitung hat sie vor geraumer Zeit zum Superbomber gemacht. Weil Sie treffen wie Sie wollen. Sind Sie tatsächlich Hamburgs gefährlichster Angreifer?
Patrick Hiob:
Ich bin gut, ja. Aber die Hamburger Oberliga hat viele gute Angreifer.

Wer ist besser als Sie?
Hiob:
Kann ich nicht sagen. Und es ist mir auch egal. Solche Fragen finde ich immer blöd.

Sie gelten nach wie vor als großartiger Spieler, und die Szene ist in ständiger Erwartung einer nächsten Gala. Machen Sie sich auch selbst Druck?
Hiob:
Für mich ist jedes Spiel eine Freude. Egal ob es Oberliga oder Freizeitfußball in der Soccerhalle ist.

Sie sind nie aufgeregt?
Hiob:
Das fänd‘ ich albern. Aufregung gibt’s bei mir seit zehn Jahren nicht mehr. Oder sollen mir vor 300 Zuschauern die Knie zittern? Mensch, ich habe vor 35.000 Leuten gespielt.

Wo haben Sie vor so vielen Menschen Fußball gespielt?
Hiob:
In Afrika. Und im alten Volksparkstadion. Gerade die Zeit bei St. Pauli bot viele Highlights. Einmal waren wir drei Wochen lang in Afrika, haben gegen Bagdad vor 35.000 gespielt. Insgesamt hatten wir mit der A-Jugend von Pauli fünf Testspiele. Und es waren immer Spiele vor einer riesigen Kulisse.

Wer war ihr bester Mitspieler?
Hiob:
Den kennt in Hamburg keiner.

Verraten Sie uns den Namen trotzdem?
Hiob:
Adam Posilek. Beim Rotenburger SV habe ich mit ihm im Sturm gespielt. Wir beide haben 70 Tore gemacht. Ich 44, er 26.

Was war Ihr schönstes Tor?
Hiob:
Das war ein Tor für Altona 93. Erste Runde, Oddset-Pokal gegen St. Paulis Amateure. Die kamen mit einigen Profis, wollten uns mal eben weghauen. Cory Gibbs war dabei, Deniz Baris und Simon Henzler im Kasten. Aber dann gab’s das Hiob-Tor.

Ein spektakuläres Solo mit Lupfer über Henzler?
Hiob:
Ein 35-Meter-Hammer aus dem Nichts. Danach haben wir zwei Tage gefeiert.

Von Ihnen stammt der Satz: Du musst immer eine Liga tiefer spielen, als du könntest. Dann gibt’s mehr Geld.
Hiob:
Das ist doch logisch. Von oben nach unten gibt es immer mehr Geld. Und wer ganz clever ist, der wechselt nach Niedersachsen. Da gibt’s noch mehr Geld.

Sie spielten acht Jahre in Niedersachsen.
Hiob:
Richtig. Und es hat sich gelohnt. Aber nicht nur finanziell. In der Liga gibt’s super Stadien, viel mehr Fans und das Niveau ist besser als in Hamburg. Aber da erzähle ich ja nichts Neues. Wo mehr Knete ist, kann professioneller gearbeitet werden.

Der eigenwillige Trainertyp Stefan Kohfahl und die Diva Patrick Hiob. Wie passt das? Immerhin kommen Sie ohne großen Ärger durch die Saison.
Hiob:
Wir arrangieren uns. Er hat gute Ideen und man kann mit ihm reden. Und aus Meinungsverschiedenheiten machen wir nicht jedes Mal ein Drama. Kohfahl und ich wissen, dass das nur Unruhe in den Verein bringen würde.

Herr Hiob, das klingt ja außerordentlich erwachsen.
Hiob:
Ich muss nicht sein bester Freund sein. Und wir werden bestimmt nie gemeinsam in den Urlaub fahren. Er ist mein Trainer. Fertig.

Nehmen Sie Kritik überhaupt an?
Hiob:
Natürlich. Ich höre mir immer alles an. Nur es kommt auf die Art und Weise an. Ich lasse mich nicht anschreien. Das mache ich selber auch nicht. Überhaupt: Diese Pöbeleien auf dem Platz kann ich nicht leiden.

Wo haben Sie gelernt so galant Fußball zu spielen?
Hiob:
Auf der Straße in Mümmelmannsberg. Mit vier habe ich beim SVM angefangen. Ab da an war ich immer auf dem Sportplatz. In der Schulzeit ging es nach der letzten Stunde direkt auf den Rasen. Bis zum Dunkelwerden haben wir immer nur Fußball gespielt. Vor 15, 20 Jahren gab es ja auch nicht so viel anderen Quatsch.

Playstations und so wunderbare Dinge?
Hiob:
Natürlich. Ich finde das ekelhaft. Meine Kinder sind ja genauso. Die sitzen auch oft vor der Glotze. Nur meine Tochter spielt ab und zu Fußball.

Erlauben Sie die Frage: Wie viele Kinder haben Sie?
Hiob:
Vier. Der älteste Justin ist zehn. Melina, die Jüngste, ist zwei Jahre.

Sehen Sie Ihre Kinder jeden Tag?
Hiob:
Jeden Tag.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie sich von diesem ganzen Profigerede verabschieden müssen?
Hiob:
Früh. Mit 17 etwa bin ich von St. Pauli zu Vorwärts-Wacker Billstedt gewechselt. Im Grunde war dann klar, dass es aus der Profilaufbahn nichts wird. Mit 19 habe ich geheiratet. Plötzlich war nicht mehr nur Fußball wichtig, sondern auch die eigene Familie.

Und Ihr zweites Hobby: Party.
Hiob:
Das ist richtig. Ich habe nie wie ein Profi gelebt. Ich war überall dabei, war auf jeder Feier der Erste. Deswegen…

Wie oft sind Sie traurig, weil es nicht geklappt hat?
Hiob:
Nie. Ich habe jahrelang gutes Geld mit Fußball verdient. Und dazu viel Spaß gehabt. Andere Fußballer wollten unbedingt Profi werden, und kicken jetzt trotzdem seit Jahren nur in der Oberliga. Sven Trimborn zum Beispiel. Der ist nur um die Alster gerannt. Wie ein Blöder. Oder Stephan Rahn.

Machen Sie sich Gedanken über die Zeit nach dem Fußball?
Hiob:
Natürlich. Ich muss ja wieder normal arbeiten.

Momentan arbeiten Sie wenig bis gar nicht. Wie stellen Sie sich das Leben nach dem Fußball vor?
Hiob:
Es gibt Arbeit ohne Ende. Ich habe über zehn Jahre auf dem Bau gearbeitet, da kann ich fast alles. Und da wird auch für mich irgendwo ein Job dabei sein.

Wie lange wollen Sie noch spielen?
Hiob:
Fünf Jahre mindestens.

Verfolgen Sie die großen Themen: Guttenberg, Libyen, Ägypten?
Hiob:
Nein, das interessiert mich nicht. Das ist mir alles zu weit weg.

Womit beschäftigen Sie sich?
Hiob:
Mit meinen Kindern. Die sind wichtig. Nicht der ganze andere Quatsch.

Heute ist Donnerstag. Wie muss man sich Ihren Alltag als beschäftigter Familienvater vorstellen?
Hiob:
Um sechs Uhr klingelt der Wecker. Heute war zum Beispiel Fasching. Dann werden die Kinder geschminkt, schul- oder kindergartenfertig gemacht. Frühstück gibt’s auch. Na ja, und um halb Neun gibt man die Kinder dann ab. Danach fahre ich wieder nach Hause, räume auf und bereite das nächste Essen vor. Um zwei Uhr hole ich die Kinder wieder ab, dann wird gegessen und danach gehen wir raus und spielen irgendwo. Und dann ist 18 Uhr und fast schon wieder Bettzeit.

Ist das anstrengend?
Hiob:
Wir können gerne mal tauschen. Aber es macht auch Spaß. Schließlich darf ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringen. Das ist einfach eine schöne Sache.

Man kennt Sie eigentlich nur im Trainingsanzug.
Hiob:
Ich mag es locker. Jeanshosen trage ich nur, wenn ich am Wochenende in der Rutsche arbeiten muss. Oder wenn ich mal ins H1 gehe.

Aber gilt nicht gerade unter ambitionierten Fußballern: Haste was, biste was?
Hiob:
Ich habe doch alles. Eine Familie, tolle Kinder und viele Freunde. Die nehmen mich so wie ich bin. Und die nehmen es mir auch nicht krumm, dass ich keine 5000 Euro im Monat verdiene. Trotzdem wissen alle: Hiob gibt gerne ab.

In Oststeinbek sind Sie der Publikumsliebling. Warum?
Hiob:
Ich weiß, dass die Zuschauer aus unserer ‚Meckerecke‘ gerne mit mir ein Bierchen trinken. Und ich mag das ja auch. Dann mache ich immer lustige Sachen auf dem Platz, schieße schöne Tore. Die freuen sich darüber und bekommen etwas für ihr Geld geboten. Ich denke, das passt.

Fühlen Sie sich wohl in Oststeinbek?
Hiob:
Kann man so sagen.

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Würden Sie zugeben, dass einige betuchte Hiob-Fans Ihnen nach dem Spiel schon mal eine exklusive Belohnung zukommen lassen?
Hiob:
Das gibt es schon. Ja.

Sie rauchen viel, Sie trinken gerne, Sie spielen Fußball wie kein Zweiter. Können Sie ein Vorbild für den Oststeinbeker Nachwuchsfußballer sein?
Hiob:
Na ja, die Jungs wissen das ganz gut einzuordnen. Ich bin ja jetzt keine 20 mehr und darf auch mal meine Bierchen nach dem Spiel trinken. Außerdem sind unsere Jungen oft genug unterwegs. Und bei denen steht auch nicht nur Wasser auf dem Getränkezettel. Letztendlich müssen sie diese Phase ihres Fußballerlebens alleine bewältigen. Der eine Spieler hat den Willen und packt den Sprung zu einem größeren Verein. Der andere genießt das Bier nach dem Schlusspfiff. Ich werde da nichts ändern. Genauso wie ich mich nicht mehr ändern werde.

Daten: Die Tabelle der Hamburger Oberliga

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.