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Kopfcoach Westbrock | Condor wie Klopp

In keinem Jahr wurde derart beträchtlich über Druck im Fußball berichtet wie im letzten. Wir sprachen mit Stefan Westbrock, Oberligafußballer und sportpsychologischer Coach, über emotionale Blockaden und Druck im Amateurfußball.

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Mentalcoach Stefan Westbrock hat anhand eines Großprojektes die Persönlichkeitsunterschiede von Fußball-Profis analysiert. Dafür arbeitete er unter anderem eng und über mehrere Monate mit einem Zweitliga-Team zusammen. Aktuell betreut Westbrock zwei Beachvolleyball-Profis.

Stefan Westbrock, Sie sehen, anders als andere, in Druck eher positives.
Etwas Druck, also die richtige Dosis zur passenden Zeit, ist als Wachmacher durchaus wirksam. Das kennen die meisten von uns. Ein Abgabetermin naht, der Druck ist da und auf einmal packt man die Aufgabe an. Plötzlich entwickelt sich aus Druck Energie.

Im Vorgespräch haben Sie uns viel über Jürgen Klopp erzählt und ihn als Meister der mentalen Arbeit erwähnt.
Ja, Jürgen Klopp sprach in der vergangenen Saison 31 Spieltage lang vom „nächsten Spiel“, das sie gewinnen wollen. Monatelang hat er sich gegen das Wort „Titel“ gewehrt. Und das machte Sinn und hat sich am Ende ausgezahlt. Er beherrscht die Spielerei mit mentalen Tricks gut.

Geht es eine Spur genauer?
Das Gehirn ist, wie Klopp es formuliert hat, ein kleiner Drecksack. Hätte Klopp gesagt, „Nein, wir wollen nicht Meister werden“ oder „Nein, wir spielen nicht um den Titel“, wären eben exakt diese Relevanzwörter, „Titel“ und „Meister“, in den Köpfen der Spieler hängengeblieben. Das emotionale System im menschlichen Hirn funktioniert nicht über die Verneinung. Noch ein Beispiel: Wenn der Trainer seinem Spieler sagt, „Schieß‘ nicht neben das Tor“ oder „Mach‘ bloß kein Foul und hol‘ dir keine Gelbe Karte“ – solche Befehle funktionieren kaum bis gar nicht. Im Gehirn kommen einzig die Begriffe „daneben schießen“, „Foul und Gelbe Karte“ an. Damit kann man ein stückweit auch die Elfmeterschwäche der Engländer erklären. Dort besteht das Problem seit Dekaden: Bloß nicht schon wieder scheitern…

Was raten Sie den Fußballern in unseren Breitengraden?
Sie sollen Spaß im Team haben und mit Freude auf den Fußballplatz gehen. Sie sollen Lust auf das Tor oder den Zweikampf haben. Schon diese kleinen Dinge bewirken etwas Gutes im Kopf. Denn der Fokus ist auf etwas Positives gerichtet. Wenn Spieler mit positiver Stimmung den Aufgaben nachgehen, ist das hilfreich. Natürlich geht es primär um den Sieg. Aber man kann eben auch positiven Druck in Form eines gesunden Maßes an Anspannung erzeugen. Ansonsten muss jedem Athleten aber auch bewusst sein, dass man keine Chance auf einen Profivertrag hat, wenn man nicht über geniale Fähigkeiten verfügt.

Sind Amateurfußballer eigentlich auch druck- oder gar burnout-gefährdet?
Wenn wir beim Druck bleiben sage ich: Jeder von uns verspürt Druck. Insofern ist Druck nicht ligaspezifisch und kein Profifußballphänomen. Ich kenne Bundesligaprofis, die sind vor dem Anpfiff erstaunlich locker. Andererseits gibt es Kreisligaspieler, die machen sich einen immensen Druck, weil die Eltern vielleicht mal zuschauen. Es lässt sich von daher nicht sagen, dort ist Druck und dort nicht.

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Sie arbeiten als Mentaltrainer. Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Erstmal: Mentaltrainer sind weder Druckdoktoren noch Depressionsspezialisten. Die Aufgabe eines Mentaltrainers besteht im Kern darin, emotionale Blockaden aufzulösen um damit den Athleten auf ein bestimmtes Ziel vorzubereiten. Gelingt das, ist der Nebeneffekt automatisch eine Druckminderung. Das angesprochene Atemtraining kann helfen, aber auch beruhigende Selbstgespräche. Anstelle von „Ich muss heute ein Tor treffen!“ tut es schon gut, wenn sich der Spieler vornimmt, „gut zu spielen, sich Torchancen herauszuarbeiten und sich dann zu belohnen.“ Immer mehr Sportler legen ihren Fokus vor dem Wettbewerb auf mögliche Spielszenen, die auf sie zukommen könnten. Visualisierung nennen wir das. Was mache ich wenn. In welche Ecke schieße ich, wenn. Gehe ich links oder rechts an meinem Gegenspieler vorbei? Verschiedene Szenen in Gedanken schon mal durchspielen, das hilft und bereitet den Spieler auf gewisse Szenen besser vor. Und das Gefühl gut vorbereitet zu sein, erzeugt wiederum eine gewisse Sicherheit. Das ist meine Arbeit.

Blicken wir in die Oberliga Hamburg: Teams wie Buchholz, Condor und Curslack spielen mehr oder weniger drucklos auf. Erklärt das ein stückweit die Erfolge?
Natürlich spielt der Faktor, nicht Erster oder Zweiter werden zu müssen, eine große Rolle. Das ist einfach so. Nicht umsonst sind die Trainer bemüht, den Ball flach zu halten.

Da steckt also schon die Klopp-Methode drin?
In kleinen Teilen sicherlich. Aber die Teams, so scheint es zumindest, sind auch unheimlich stabil und haben in der Gemeinschaft viel Spaß miteinander. Und wenn Freude und Qualität zusammenkommen, dann sind gute Resultate meistens nicht weit.

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Im Rahmen Ihres Buchprojekts haben Sie eine interessante Forschung mit einem Zweitligisten durchgeführt. Was wissen Sie heute?
Dass es innerhalb einer Mannschaft bis zu 16 unterschiedliche Persönlichkeitstypen gibt, die wir dann nochmal in vier Kategorien unterteilen: Der Sicherheitsorientierte, der Ergebnisorientierte, der Unabhängige und der Freiheitsliebende. Dabei unterscheiden wir den Dominanten, den Teamplayer, den Arbeiter und den integrativ/kreativen Spielertyp. Zudem haben wir herausgefunden welche Persönlichkeitseigenschaften den Profi auszeichnen.

Haben Sie das Rezept für den perfekten Kader?
Wie im richtigen Leben funktioniert auch die Fußballmannschaft am besten mit dem gesunden Mittelmaß. Zwei dominante Charaktere reichen oftmals aus, dazu eine Handvoll Teamplayer die für positive Stimmung sorgen und die Chance auf einen homogenen Kader ist gegeben. Einfach ausgedrückt: Die richtige Mischung macht’s.

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Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.