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Andreas Bornemann: Wir sind keine Träumer

Exklusiv // Holstein Kiels Sportlicher Leiter Andreas Bornemann hofft auf einen positiven BVB-Effekt über die laufende Saison hinaus. BLOG-TRIFFT-BALL sprach mit dem Mann, der das Vorhaben Profifußball in Kiel vorantreibt.


Herr Bornemann, seit fast genau zwei Jahren arbeiten Sie als Sportlicher Leiter bei Holstein Kiel. Was haben Sie mit dem Verein in dieser Zeit angestellt?
Die ersten Monate waren sicherlich sehr holprig und schließlich mussten wir den bitteren Abstieg in die vierte Liga verkraften. Aber nach dem Abstieg haben wir uns von der damaligen Philosophie verabschiedet, sprich, uns von prominenten Verpflichtungen gelöst und den Blick zunehmend in die eigenen Reihen gerichtet. Im vergangenen Sommer gab es dann nochmal einen größeren Personalschnitt, wir haben uns für ein neues Trainerteam entschieden und eine fast komplett neue Mannschaft aufs Feld geschickt. Heute sagen wir: Fußball in Kiel soll nachhaltig sein.

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Sie sagten vor einigen Wochen auch: „Im Fußball etwas Neues aufzubauen, ist eine reizvolle Aufgabe“. Ist Holstein Kiel eines der spannendsten Fußballprojekte deutschlandweit?
Da hier schon einige Schritte geschafft wurden und wir insgesamt eine funktionierende Infrastruktur haben, ist das Arbeiten durchaus angenehm. Der Verein verfügt zwischen Flensburg und Hamburg über ein gewisses Alleinstellungsmerkmal und wir haben den Anspruch Fußball über die vierte Liga hinaus anzubieten. Insofern ist Kiel ein interessanter Standort.

Die „FAZ“ titelte im Dezember „Klein-Hoffenheim“. Ein richtiges Bild?
Überhaupt nicht. Sicherlich haben wir das Glück, dass eine kleine Gruppe von Sponsoren sich überproportional stark engagiert. Dennoch sind wir von einem Projekt Hoffenheim weit entfernt. Dietmar Hopp dürfte in den vergangenen Jahren zwischen 250 und 300 Millionen in die TSG Hoffenheim investiert haben. Damit ist ihnen einerseits der Sprung von null auf einhundert gelungen, andererseits werden gerade in dieser Spielzeit die Schwierigkeiten eines solchen Projekts sichtbar. Die Hoffenheimer hatten einfach sehr wenig Zeit, sich von innen heraus zu entwickeln. Deswegen denke ich auch, dass es eine ganze Reihe Punkte gibt die uns von Hoffenheim unterscheiden.

Am Dienstag reist der Deutsche Meister Borussia Dortmund für ein Viertelfinale im DFB-Pokal nach Kiel. Die ARD wird das Spiel live zur besten Sendezeit übertragen. Was bedeutet das für Fußball in Schleswig-Holstein?
Ich glaube, dass nicht nur der Verein von dieser Aufmerksamkeit profitiert. So ein Erfolg hebt die Landeshauptstadt Kiel, aber auch das Land Schleswig Holstein auf eine bundesweite Bühne. Die Euphorie müssen wir nun nutzen, indem wir die nächsten Aufgaben mit ordentlich Schwung anpacken.

Viele Medien vergleichen gerade in diesen Tagen die Kieler Handballer mit den Fußballern. Mögen Sie das?
Ich denke, wir, die Fußballer, spielen in der vierten Liga. Beim THW Kiel sprechen wir von einer Handballmannschaft, die seit Jahren in der Weltspitze arbeitet. Von daher können wir nicht von einer Konkurrenzsituation sprechen. Außerdem sprechen wir von unterschiedlichen Sportarten. Es besteht kein Grund uns zu vergleichen, außer das wir in derselben Stadt Sport anbieten.

Sie wollen nicht die Nummer eins in Kiel werden?
Das ist zumindest nicht unser Ansporn. Wir wollen Holstein Kiel auf die bundesweite Fußballbühne heben. Das ist in der vierten Liga nicht möglich. Deswegen setzen wir alles daran, die jetzige Klasse schnellstmöglich zu verlassen.

Allein für die Rückrunde setzte der Verein nochmal eben über 2000 Dauerkarte ab. Das sind neue Dimensionen, oder?
Ich denke auch, dass wir momentan einen Hype erleben. Für den Verein wird es nun wichtig werden, wer von den neuen Zuschauern uns auch im kommenden Jahr unterstützen wird. Denn viele neue Dauerkarten-Inhaber haben das Rückrunden-Ticket in Verbindung mit dem Dortmund-Spiel gekauft.

Das klingt ziemlich sachlich. Haben sie Zweifel am Holstein-Hype?
Das nicht. Nur wir sind keine Träumer und gehen auch nicht davon aus, dass wir in der nächsten Saison über 2000 Dauerkarten verkaufen. Klar wäre es schön, wenn eine größere Gruppe auch in der Zukunft Lust auf Holstein Kiel hat, aber eine Garantie dafür gibt es nicht.

Wissen Sie schon, an welche Stellen Sie die 2,5 Millionen Euro aus dem DFB-Pokal investieren werden?
Unsere Infrastruktur ist toll, aber es gibt noch Lücken. Gerade in den letzten Tagen mussten wir aufgrund der Wetterlage umziehen und in Dänemark auf einer neuen Kunstrasen-Generation trainieren. Unser Stadion hat auch einige Jahre auf dem Buckel und kann sicherlich einen kosmetischen Eingriff vertragen. Darin sieht man schon, dass wir noch kein Rundum-Sorglos-Paket haben. Dazu wird ein Teil des Geldes in Form von Prämien oder Bonuszahlungen an Mitarbeiter ausgeschüttet. Und die kaufmännische Abteilung hat sicherlich auch nichts dagegen, wenn wir die Saison mit einem kleinen Überhang beenden und Rücklagen schaffen.

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Sind im Sommer Verpflichtungen bekannter Namen geplant?
Wie bereits erwähnt, haben wir uns in der Vergangenheit für den anderen Weg entschieden. Wir möchten in der Zukunft auf junge und entwicklungsfähige Spieler setzen und das Team gerne so zusammen behalten. Und sollten uns im Sommer Spieler verlassen, müssen wir die Lücken nicht zwingend mit prominenten Spielern schließen.

Zum Schluss: Haben Sie Bedenken, dass der sportliche Erfolg im DFB-Pokal sich negativ auf die Meisterschaft auswirken könnte. Ein Remis gegen Halberstadt könnte ja künftig eine schwere Krise bewirken …
… ich weiß, was Sie meinen und natürlich thematisieren wir das innerhalb der Mannschaft. Aber wir wollen die Problematik auch nicht herbeireden. Für uns ist klar: Der Pokal ist die Kür, die Meisterschaft ist die Pflicht. Unser Endziel ist die Drittklassigkeit und dafür arbeiten wir hier in Kiel.

Herr Bornemann, vielen Dank für dieses Gespräch.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.