Top

St. Paulis Kringe: How good is Dein Englisch today?

Interview: Zehn Jahre nach dem gemeinsamen Englischunterricht bei Frau Brinkmann trafen sich Blogger Harry Jurkschat und St. Paulis Florian Kringe zum Interview auf der  Baustelle Kollaustraße. Die Themen des großen Wiedersehens: Alte Schulerlebnisse, Fußballpläne in der Ferne, Trainerikone Jürgen Klopp und die Generation U20.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Flo, es scheint wie gestern, als wir bei Frau Brinkmann im Englisch-Unterricht nebeneinander saßen und Du bei mir abgeschrieben hast.
Und weil ich bei Dir abgeschrieben habe, habe ich nichts gelernt. Aber gut, am Ende hat’s ja für das Abitur gereicht.

How good is Dein Englisch today?
Es ist ein bisschen besser. Gerade dadurch, dass man mit vielen Spielern aus dem Ausland kickt, ist Englisch auf den Bundesligaplätzen fast schon Normalität geworden.

» Florian Kringe spielte für: Borussia Dortmund,
1, FC Köln, Hertha BSC Berlin, FC St. Pauli

Bleiben wir international. Ist eine heutige Karriere ohne Auslandserfahrung nicht unvollkommen?
Ich verspüre keinen Drang. Ich hatte zwar vor ein paar Jahren Kontakt nach Spanien und Italien, aber die Bundesliga als Arbeitsplatz zu haben, ist ein großes Privileg. Wenn, dann wäre das Ausland in puncto Lebenserfahrung reizvoll.

Regionalliga Nord: Ergebnisse und Tabelle

Ägypten vielleicht?
Du, ich hab neulich mit Mo Zidan telefoniert, der ist gerade in Abu Dhabi oder so. Also es gibt Sachen und Ligen, die muss man nicht machen. Falls man sich irgendwann sagt, man möchte nochmal andere Kulturen, oder wie in meinem Fall auch die Sprache nochmal verbessern, dann könnte ich mir die USA oder Australien vorstellen. Ja, das Modell Thomas Broich fänd‘ ich ziemlich interessant.

Florian Kringe spielt Fußball am anderen Ende der Welt. Nein, das kauf‘ ich Dir nicht ab.
Warum nicht? Australien wäre sicherlich ein riesen Erlebnis. Warum soll man das nicht irgendwann nochmal zwei Jahre machen. Ich find’s ganz cool.

Oder wie Frank Rost und Thorsten Frings ab nach Amerika.
Oder so. Ich war auch gerade in New York und San Diego bei Freunden. Das hatte was.

Zurück in die Gegenwart. Du bist jetzt 30 und prompt gab’s die Kündigung von Jürgen Klopp. Enttäuscht?
Ich glaube die Ursache liegt woanders. Bevor ich nach Berlin wechselte, hatte ich ja durchaus viele Einsatzzeiten für Dortmund. Dann kam ich mit zweifachem Fußbruch zurück und brauchte ein Jahr, bis ich wieder auf dem Platz stand. In den zwei Jahren, wo ich nicht da war, hat Borussia einen riesen Schritt gemacht. Es war klar, dass ich mich da hinten anstellen musste.

Mittlerweile muss ein 30-jähriger Fußballer um seinen Job bangen, oder?
Na ja, da kommen wirklich gute Kicker nach. Nicht nur in Dortmund, sondern generell in Deutschland.

Flo, als wir noch jung waren, war es schwer sich oben reinzuspielen. Nehmen wir Gambino, Bugri, Krontiris und selbst Odonkor, alles Dortmunder Talente, aber damals fast chancenlos.
Aber die Jungs heute sind auch besser. Die bekommen ja teilweise schon mit 13, 14 Jahren Athletik-Training. Und dann sind die 17 und richtig stabile Kerle.

Und wir waren früher Pflaumen?
Natürlich nicht. Aber heute kann ein sehr begabter 18-Jähriger oft schon Bundesliga spielen. Körperlich, taktisch, Tempo, die kommen mit ganz anderer Qualität.

Fußball-Deutschland ist verrückt nach Jürgen Klopp. Wie hast Du ihn erlebt?
Er ist besessen. „Kloppo“ kann jeden mitreißen, weil er es jeden Tag vorlebt. Aber er braucht auch die Charaktere und Typen, die das mittragen. Wenn Spieler sagen würden „Lass den mal labern“, dann würde seine Art nur schwer funktionieren.

Also auch Du bist Klopp-Fan?
Es steht doch außer Frage: Der hat einfach eine besondere Qualität. Und es ist eine Kunst, wie er alle bei Laune hält und positive Spannung erzeugt. Gerade für die, die nicht spielen. So auch in meinem Fall. Denn auch die zweite Reihe gibt immer Gas. Selbst im Sonntagstraining nach dem Pflichtspiel: Da war immer richtig Zug drin. Und dafür sorgt Klopp. Du weißt bei ihm eigentlich immer: Lässt du dich hängen, schneidest du dir ins eigene Fleisch.

Offiziell bist du dreifacher Deutscher Meister? Aber eigentlich …
Gute Frage. Auf dem Papier sind es tatsächlich drei Titel. 2002 bin ich ja gerade dazugekommen und habe ein paar Spiele auf der Bank gesessen. Da habe ich die Meisterfeier im Fernsehen geguckt, war also noch nicht so richtig dabei. Die letzten beiden Jahre war ich dann schon mehr drin. Ich hatte zum Schluss noch meine Kurzeinsätze und konnte mich von den Fans verabschieden. Und ich war die ganze Zeit dabei. Das ist auch wichtig und darf man nicht unterschätzen. Das ist das, was ich vorhin meinte. Für Titel brauchst Du auch ab Spieler 13, 14 richtig gute Leute, die die Spannung im Team hochhalten.

Aber bedanken wird sich bei Ersatzspielern niemand.
Das stimmt nicht. Die Fans haben sich bedankt, dass man da war und geholfen hat, den Weg einzuleiten. Das war ein toller Trost, nachdem man lange Zeit auf der Tribüne und der Bank verbracht hat. Und wie gesagt mein Freund, ich hatte auch meine Kurzeinsätze.

Zurück zu uns. Ich habe mehr Tore für Deutschland erzielt als Du. Dennoch hast Du 192 Bundesliga-Spiele und ich keins. Erkläre mir das.
Das ist mir auch ein Rätsel.

Na komm, sag, was hat mir den Profi-Vertrag versaut?
Die Einstellung. Das Durchsetzungsvermögen. Ich habe mit so vielen guten Jungs zusammengespielt und du dachtest bei so vielen: Mann, ist der stark. Aber viele Talente haben sich nicht durchgesetzt. Man kann das schlecht greifen, woran es letztlich liegt, aber in erster Linie ist es der Wille.

Und etwas Glück.
Klar, du brauchst auch Glück und einen Trainer, der deine Stärken sieht. In der Bundesliga halten sich über einen längeren Zeitraum aber nur die Besten. Das ist einfach so. Es gibt ja ohne Ende Spieler, die mal ein gutes Spiel machen und dann nach einem Jahr zwei Ligen tiefer spielen.

Flo, ich habe kräftig geforscht. Aber man findet keine Eskapaden über Dich im Netz.
Warum auch? Ich meine, ich betreibe den Volkssport Nummer 1 und fast jeder in Deutschland findet Fußball geil. Aber es ist ein Spiel und es gibt viele Sachen die wichtiger sind. Eskapaden, Sperenzchen, Allüren, wozu?

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Wer als 20-Jähriger 1,2 Millionen im Jahr verdient, muss doch durchdrehen.
Das stimmt. Es gibt schon einige Spieler, die sich ein bisschen zu viel darauf einbilden das sie etwas besser Fussball spielen. Aber genau die Typen werden ein Problem bekommen, wenn der Fußball nicht mehr ist.

Hast Du das Privileg Profifußballer zu sein immer geschätzt?
Irgendwann ja. Gerade nach den Verletzungen. Da habe ich mir gesagt: Mensch, eigentlich erlebt man viele Spiele viel zu unbewusst. Man steckt in dieser wahnsinnigen Maschinerie und empfindet das als normal. Dabei ist fast alles, was wir machen, außergewöhnlich. Jetzt habe ich mir vorgenommen, das wirklich bewusst zu genießen.

Letzte Frage: When will I see you again?
Jurkschi, ich wohne in Hohenfelde und wenn ich richtig informiert bin, sind wir quasi Nachbarn. Also, gib mal deine Nummer. Ich melde mich.

Regionalliga Nord: Ergebnisse und Tabelle

Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.