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Jens Rehhagel über die Jugendarbeit bei 96

Seit drei Jahren befindet sich Hannover 96 in tabellarisch eher höheren Bundesligagefilden. Vom einstigen Abstiegskandidaten sind die „Roten“ mittlerweile zu einem dauerhaften Europapokalanwärter geworden. Nur an Eigengewächsen mangelt es in der niedersächsischen Hauptstadt. BLOG-TRIFFT-BALL sprach mit Jugendkoordinator Jens Rehhagel über das neue Nachwuchsleistungszentrum, die Jugendausbildung bei Hannover 96 und Stolpersteine auf dem Weg zum Profi.

 

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Guten Tag Herr Dr. Herr Rehhagel, Sie sind Jugendkoordinator bei Hannover 96. Kurz und knapp: Was sind Ihre Aufgaben?
All das, was im Prinzip nicht mit dem täglichen Training zu tun hat. Der Trainingsalltag wird von unseren Trainern gestaltet, ich kümmere mich um das Management, die Administration und die Organisation im Jugendbereich von Hannover 96. Ich bin somit für die Philosophie und der Verbreitung unseres Jugendkonzepts verantwortlich.

Schreibtisch statt Strafraum also?
Nein, auf keinen Fall. Ich bin mit den Trainern und Spielern im Jugendbereich von Hannover 96 in einem ständigen Dialog. Gemeinsam legen wir unter anderem fest, welcher Spieler eine besondere Förderung bedarf. Darüber hinaus überprüfe ich, ob unsere Trainingsphilosophie im täglichen Trainingsbetrieb umgesetzt wird. Ich bin schon sehr nah am aktuellen Trainingsbetrieb dran, jedoch bin ich kein Trainer.

Ihre Dissertation verfassten Sie zu dem Thema: „Entwicklung einer Testbatterie zur Diagnostik und Steuerung der Schnelligkeit im Sportspiel Fußball”. Ähm, wieviel Wissenschaft bedarf es im Nachwuchsbereich eines Bundesligisten?
Natürlich sind wissenschaftliche Daten ein wesentlicher Baustein in der Jugendarbeit. Zum Beispiel kann eine regelmäßige Leistungsdiagnostik eine langfristige Entwicklung des Spielers abschätzen. Aber man muss auch wissen, dass ein Fußballspiel von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig ist und die Wissenschaft nicht alleine ausschlaggebend ist. Man sollte die Faktoren richtig gewichten können.

„Wir sind keineswegs konkurrenzfähig!“

Hannover 96 machte in den letzten drei Jahren eine gewaltige Entwicklung – vom Abstiegskandidaten zum Europapokalanwärter – durch, steigt mit dem sportlichen Erfolg in der Bundesliga auch die Erwartungen im Nachwuchsbereich?
Es ist so, dass sich die erste Mannschaft in der Qualität deutlich verbessert hat. Jetzt haben Nachwuchsspieler von Hannover 96 natürlich größerer Schwierigkeiten, den Sprung in die Profimannschaft zu schaffen. Vor einigen Jahren war es für Jugendspieler einfacher, sich in die erste Elf zu spielen. Im Nachwuchsbereich von Hannover 96 müssen wir jetzt – aufgrund des Erfolges der Profimannschaft – nachziehen

Martin Kind sagt, dass die Aufbauarbeit bei Hannover 96 zu Ende sei und nun eine neue Phase der Entwicklung eingeläutet wird. Welchen Anteil soll der Nachwuchsbereich an der nachhaltigen Entwicklung von Hannover 96 einnehmen?
Der Nachwuchsbereich war schon immer eine wichtige Säule des Vereins. In Zukunft soll aber das Nachwuchskonzept eine noch stärkere Säule bilden. Verdeutlicht wird diese Entwicklung mit der Planung und dem Bau des neuen Jugendnachwuchszentrums von Hannover 96.

Was verspricht sich der Verein von seinem neuen Nachwuchsleistungszentrum?
Auf Ebene der Nachwuchsarbeit wollen wir in Deutschland konkurrenzfähig werden. Insbesondere die Infrastruktur des Nachwuchsbereichs ist keineswegs konkurrenzfähig. Jetzt müssen wir in der Infrastruktur aufholen, um dann die Entwicklung der Nachhaltigkeit einzuläuten.

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Fast jeder Fan wünscht sich einige Jugendspieler aus dem eigenen Nachwuchs in der ersten Mannschaft. Wie lange müssen sich die Fans von Hannover 96 noch gedulden?
Die Qualität muss stimmen. Wir haben in diesem Sommer vier Jugendspieler in das Trainingslager der ersten Mannschaft mitgenommen. Wenn der Trainer einschätzt, dass die Qualität ausreicht, dann werden diese Spieler auch eine Chance bekommen. Jeder der ein großes Talent mitbringt, wird automatisch seine Chance bekommen. Wir bereiten die Spieler vor, aber den letzten Schritt auf dem Platz muss der Jugendspieler gehen.

Worauf wird neben den fußballerischen Qualitäten in der Jugendausbildung von Hannover 96 noch geachtet?
Es gibt vielfältige Themen. Dazu gehört auch Wettmanipulation von Fußballspielen. Wir versuchen, die Spieler frühzeitig zu sensibilisieren und damit ein Bewusstsein für die Gefahren und Stolpersteine auf dem Weg in den Profifußball zu schaffen. Wir schaffen das Angebot, dass Spieler immer zu uns kommen können.

In Norddeutschland gibt es eine große Konkurrenz um Jugendspieler, Hansa Rostock, Werder Bremen, St. Pauli, der HSV und Wolfsburg haben ausgezeichnete Nachwuchsleistungszentren. Warum sollte sich ein Jugendspieler Hannover 96 anschließen?
Weil wir – und das kann ich voller Überzeugung sagen – den Jugendspielern eine hervorragende Ausbildung bieten. Jeder Spieler wird sich bei uns – auch dank unserer sehr guten Jugendtrainer – in seinem Rahmen verbessern und am Ende seiner Ausbildung im Jugendbereich von Hannover 96 sein Potenzial ausschöpfen.

Foto: Monika Probst
Matthias Friede

Schon in jungen Jahren musste Matthias Friede erkennen, dass ihn der Fußballgott nicht mit ausreichend Talent gesegnet hat. Trotz seines überharten Einsatzes spielte sich seine Fußballkarriere auf Kreisebene ab. Statt in der glamourösen Welt des Fußballs für Skandale zu sorgen, drückte er im Studium der Geschichts- und Politikwissenschaft die harte, hölzerne Bank auf der Universitätstribüne. Trotz oder gerade wegen dieser Ungerechtigkeit des Fußballgottes beschäftigt er sich leidenschaftlich theoretisch mit dem runden Leder.