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Mathias Schober: „Ich sah Chancen gegen Neuer“

Sechs Jahre lang hütete der bullige Schlussmann Mathias Schober das Hansa-Tor, stieg zum Kapitän empor und führte den Klub zurück in die Bundesliga. Später erlebte er die Reifung von Manuel Neuer zum Weltklasse-Keeper hautnah mit. BLOG-TRIFFT-BALL sprach mit dem aktuellen Leiter des Nachwuchszentrums in Gelsenkirchen.

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Herr Schober, bevor wir das Gespräch als Hansa-Legendeninterview betiteln: Verfolgen Sie überhaupt noch den Werdegang Ihres Ex-Vereins?
Natürlich tue ich das. Ich habe sechs überwiegend schöne Jahre in Rostock verlebt. Ich fahre im Sommer auch noch regelmäßig hoch an die Ostseeküste und verbringe dort ein paar freie Tage. Dann rücken selbstverständlich auch die alten Zeiten wieder verstärkt ins Gemüt. Am Wochenende schaue ich auch interessiert nach, wie der FC Hansa gespielt hat.

Sie waren von 2001 bis 2007 in Rostock, haben dabei die vereinsinternen Strukturen kennengelernt. War zum Zeitpunkt Ihres Abschieds schon ein Abstieg in diesem Maße absehbar?
Es war ja klar, dass dem Verein als Aufsteiger ein hartes Jahr im Abstiegskampf bevorstehen würde. Dennoch überraschte mich der rapide Absturz in die Dritte Liga sehr. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet und ich habe mir zwischendurch große Sorgen um den Verein gemacht, als sich auch die Lage in der Dritten Liga verdüsterte.

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Sie dürften Ihren Wechsel dennoch nicht bereut haben. Bei Ihnen lief es ja prächtig. Sie trainierten mit dem aktuellen Welttorhüter, schnupperten Champions-League Luft und haben nun einen sehr interessanten Job.
Eins vorweg: Der Wechsel war mir keinesfalls leichtgefallen. Der FC Hansa war mir schon damals sehr ans Herz gewachsen. Letztendlich war es eine Entscheidung der ganzen Familie, da wir in Gelsenkirchen eine bessere Perspektive sahen. Dann gab es auf Schalke natürlich einige Highlights. Die Spiele gegen Athletico Madrid waren schon eine überwältigende Erfahrung und später habe ich noch Euro-League gespielt.

Wie ist es eigentlich, wenn man sich als Stammtorhüter und langjähriger Führungsspieler auf einmal dick verpackt auf die Ersatzbank sitzen muss?
Natürlich bin ich in dem Gewissen zurück zu S04 gewechselt, zu Saisonbeginn nicht im Tor zu stehen. Es war ja klar, dass der hochtalentierte Manuel Neuer aufgebaut werden sollte. Allerdings habe ich nie darauf spekuliert, meine komplette Zeit auf der Bank zu verbringen. Gerade junge Spieler unterliegen oft Schwankungen, von daher sah ich durchaus Chancen, selber noch einmal längerfristig ins Tor zu rutschen. Im Fußball geht ja bekanntlich alles ganz schnell. Dass sich Manuel Neuer so prächtig entwickelt hat, war natürlich wunderbar für den Verein und auch für mich als Mannschaftsspieler. Dennoch war meine Rolle somit sehr vorbestimmt. Dass es auch anders gehen kann, hat ja kurze Zeit später Jörg Butt bei Bayern München bewiesen, als er Michael Rensing verdrängen konnte.

Hat Sie die Zeit auf der Bank frustriert?
Auf keinen Fall. Ich habe mich ja immer als Teil der Mannschaft gefühlt und wurde auch regelmäßig in den Mannschaftsrat gewählt. Die Entwicklung von Manu zum Welttorhüter macht mich auch ein wenig stolz. Ich möchte nicht sagen, dass ich daran einen großen Anteil gehabt hätte, aber den einen oder anderen Tipp hat sich Manuel schon von mir geholt. Ich glaube zudem, dass es für einen Torhüter frustrierender ist, wenn man als Nummer  Eins abgesägt wird und durch einen Jüngeren ersetzt wird. Ich bekam ja trotzdem noch einige schöne Einsätze.

Manuel Neuer ist ja nur ein Beispiel für die sensationelle Jugendarbeit bei den Knappen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Wir sind uns natürlich im Klaren, dass wir einer der Vereine in Deutschland sind, die besonders viele Bundesligaspieler herausbringen. Bei uns verteilen sich die Erfolge jedoch auf viele Schultern. Wir haben tolle Trainer und Scouts, das ganze Umfeld der Knappenschmiede arbeitet einfach sehr harmonisch zusammen.

Bei anderen Bundesligisten sieht es sehr trübe aus. Der HSV kämpft ja nicht nur in der Bundesliga, sondern auch bei der U23 und U19 um den Klassenerhalt. Was sind die Unterschiede?
Es ist immer schwer Ferndiagnosen zu stellen. Vielleicht muss man auch unseren Erfolg ein wenig relativieren. Wir haben im Ruhrgebiet einen riesigen Spielerpool, sprich es gibt eine große Auswahl an Talenten. Zwar muss man sich auch dort gegen die Konkurrenz erwehren, dennoch haben wir dadurch gegenüber Klubs wie dem HSV Vorteile.

Was sagt der Fachmann zur Rostocker Jugendarbeit?
Die wird bei uns seit Jahren sehr geschätzt. Es ist schon beachtlich, was da mit geringen Mitteln betrieben wird. Im letzten Jahr war ich mit der U15 im Trainingslager in Kühlungsborn und da haben wir, zugebenen gegen eine Rostocker Mannschaft die länger im Training war, mit 1:2 verloren. Ich befürchte allerdings, dass die finanziellen Möglichkeiten das Talente-Potenzial in Rostock in Zukunft leider limitieren werden.

Reden wir noch über alte Hansa-Zeiten. Wie sieht es mit dem Schwedisch aus?
Nicht mehr so gut muss ich gestehen. Ein, zwei Wörter hat man damals schon gelernt. Zwischendurch war ja eine große skandinavische Gruppe beim FC Hansa unterwegs.

Welcher Spieler hat Ihnen die meisten Dinger beim Training eingeschenkt? Bestimmt nicht Chancentod Rade Prica.
Das war, man kann es sich vielleicht denken, Martin Max. Er ist ja nicht ohne Grund Dritter in der Torjägerliste im Jahr 2004 geworden. Da ich Martin noch aus Gelsenkirchen kannte, war ich ja sogar mitverantwortlich beim Transfer von ihm nach Rostock. Im Training war es sicherlich nicht die beste Entscheidung für mich.

Gibt es noch Kumpels aus Rostocker Zeiten?
Ein paar Kontakte pflege ich noch. Ronny Maul zum Beispiel, mit dem ich mir ein Zimmer auf Auswärtsfahrten geteilt habe. Aber auch mit Amir Shapourzadeh telefoniere ich noch ab und an. Zuletzt habe ich Rayk Schröder in Rostock getroffen und wir haben uns sofort festgeplaudert. Der Kontakt zu „Rydle“ ist ein wenig eingeschlafen. Ich könnte mir vorstellen, dass es 2017 ein Wiedersehen gibt. So ein zehnjähriges Jubiläum mit der Aufstiegsmannschaft wäre eine tolle Geschichte, ich würde die Jungs also gerne noch einmal bei einem großen Wiedersehen treffen. Vielleicht klappt das ja.

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Sie meinen mit Rydle“ sicherlich Rene Rydlewicz. Stimmen eigentlich die Geschichten von nächtlichen Ausflügen während Auswärtsfahren?
Da kann ich jetzt gar nicht soviel dazu sagen. Wenn dem so war, dann war er dabei auf jeden Fall so geschickt, dass die Mannschaft es nicht mitbekommen hat.

Im nächsten Juli gibt sich der FC Schalke in Rostock zum Testspiel die Ehre, sind Sie dabei?
Oh, davon habe ich noch gar nichts gehört. Ich bin in der Knappenschmiede aber auch sehr beschäftigt und nehme „kleinere“  Nachrichten  zur ersten Mannschaft nicht immer sofort wahr. Wenn es terminlich passt, fahre ich dann auf jeden Fall mit nach Rostock.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Schober.

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Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.