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Dirk Lottner über das Hansa-Experiment

Dirk Lottner, seines Zeichens Kölner Lokalheld und Kurzzeit-Trainer der Hansa-Kogge, spricht bei BLOG-TRIFFT-BALL über seine Zeit beim FCH, lobt seine Ex-Spieler und plaudert über lottnerische Grillabende anlässlich der WM.

 

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Herr Lottner, schön dass wir mit Ihnen sprechen können. Um mal ganz locker einzusteigen: Die Sommerferien stehen an, viele Familien freuen sich auf ihren Ostseeurlaub. Gibt’s die eine oder andere Reiseempfehlung auch von Ihrer Seite?
Ja, die kann ich absolut geben. Was die Stadt anbelangt, ist mir Rostock sehr gut in Erinnerung geblieben. Natürlich ist das an der Ostseeküste ein wenig wetterabhängig. Aber wenn die Sonne scheint, dann sind Ecken wie Kühlungsborn oder Warnemünde sehr sehenswert.

Zum Urlaub machen waren Sie ja nicht an der Küste. Und ja, man muss ja sagen, das ihre Ausbeute mit fünf Punkten aus vier Spielen in Anbetracht der Situation nicht allzu schlecht ausgefallen ist. Sind Sie damit zufrieden?
Mit den Punkten bin ich nicht wirklich zufrieden. Fünf Punkte aus vier Spielen, dass ist nun ja eher mager. Aber ich bin ein Trainer, der nicht nur die Ergebnisse zur Meinungsbildung heranzieht. Ich glaube, dass von Woche zu Woche eine Leistungssteigerung erkennbar war. Unser erstes Spiel in Burghausen, das wir bekanntlich erfolgreich gestalten konnten, war der schlechteste Auftritt unter meiner Verantwortung. Gegen Wehen Wiesbaden haben wir anderseits unser bestes Spiel zum Saisonabschluss absolviert. Mich wurmt es immer noch, dass wir den Heimkomplex nicht überwinden konnten.

Trotz einer durchaus registrierbaren Entwicklung der Mannschaft hat es für Sie nicht gereicht. Wurden Sie eigentlich darüber über die Medien informiert oder tat dies der Verein?
Ich war gut eine Woche in Rostock, als die Gerüchte um Peter Vollmann verstärkt aufkamen. Da wurde einem ziemlich schnell klar, dass der Verein diese Lösung bevorzugen würde. Von Vereinsseite wurde mit mir erst nach dreieinhalb Wochen gesprochen, ein Aufsichtsratsmitglied informierte mich damals über die entsprechende Entscheidung.

Ihnen wurde ja versprochen, dass Sie die Chance auf den Cheftrainerposten haben. Waren Sie verletzt, als Ihnen im Endeffekt keine Möglichkeit zum Leistungsnachweis geboten wurde?
Sicherlich war ich ernüchtert, das steht ja außer Frage. Dabei äußert sich meine Enttäuschung vor allem darin, dass mir ja die Chance versagt wurde, mich erstmal zu beweisen. Uwe Vester hat ja damals offen kommuniziert, dass parallel weiter gesucht werden würde, mir aber versichert, dass mir in jedem Fall die Chance geboten wird. Die Entscheidung für Peter Vollmann ist ja absolut legitim, doch empfand ich es als schade, dass mir einfach nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, mich komplett in meiner Arbeit vorzustellen.

Gab es Bemühungen von Seiten des FC Hansa, Sie in einer anderen Funktion zu binden – beispielsweise als Co-Trainer?
Ja, die Bemühungen gab es. Der Co-Trainerposten war schon an Uwe Ehlers vergeben, deshalb kam dieser für mich nicht in Frage. Allerdings unternahm der Verein einen Versuch mich zu halten, in dem er mir ein Angebot machte, das eine mehrteilige Funktion als Verbindungsstück zwischen der Profimannschaft und dem Jugendbereich vorsah.

Wieso haben Sie abgelehnt?
Aus zweierlei Gründen. Zum einen, weil ich als Trainer eine Mannschaft begleiten möchte. Ich mag es einfach, mit Spielern an einer gemeinsamen Idee zu basteln. Zudem wirkte die Position sehr undefiniert und wenig strukturiert. Für so einen Posten, der Hinblick auf die Rostocker Talente sicherlich nicht unattraktiv ist, sah ich mich nicht im Stande, Haus und Hof in Köln zu verlassen.

Einige Wochen durften Sie ja dennoch den Verein trainieren. Es wurde viel über ihren Vorgänger gemunkelt. Die Mannschaft wäre nicht gut trainiert und nicht fit dazu würde es im Team nicht stimmen. Wie war Ihre Einschätzung?
Ich glaube, dass es immer Reibereien in einer Mannschaft gibt. In Rostock gefiel es mir sehr, dass diese auf dem Platz nicht präsent waren. Da hat ein Team leidenschaftlich und wissbegierig trainiert. Die Mannschaft war intakt und ganz wichtig war dabei, dass die Jungs zuvor mit jemanden gearbeitet hatten, der das Ziel verfolgte, ihnen etwas beizubringen. Das wird alleine dadurch klar, dass bei allen Spielern der Wunsch bestand, etwas erlernen zu wollen. Zudem habe ich die Mannschaft ja auch nachdem klar war, dass es für mich nicht weitergeht, so trainiert als ob ich sie im Sommer wieder übernehmen würde. Entsprechende Fitness-Tests zeigten, dass auch hier  in der Vergangenheit ordentlich gearbeitet wurde und die Werte absolut im Rahmen waren. Damit das auch so bleibt und mein Nachfolger ohne Probleme starten kann, wurde jeder Spieler auch mit einem individuellen Fitnessplan ausgestattet.

Um ein bisschen mehr zu Ihrer Person zu kommen. Sie haben gegen den FC Hansa in 17 Spielen stolze fünf Tore geschossen, dazu vier vorbereitet. Warum haben sie früher gerne gegen den Klub gespielt?
Rostock war zu meiner aktiven Zeit ein gern gesehener Gegner. Nicht nur, weil mir das ein oder andere Tor gelungen ist, sondern auch wegen den Auswärtsfahrten. Es hat früher Spaß gemacht in Rostock zu spielen, da man als Gast sehr freundlich empfangen wurde. Die Fans waren damals einfach überaus fair. Nicht nur zu uns als gastierende Mannschaft, sondern auch zu den gegnerischen Anhängern.

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Sie waren ebenfalls immer sehr fair. In weit über 400 Profispielen fingen Sie sich nur zwei Platzverweise.
Ja, und mit beiden bin ich nicht so wirklich einverstanden. Die Gelb-Rote kam damals in Bochum zustande. Es war so eine Begegnung, in die man sich erst hineinsteigern musste. Da waren wir echt schwach, haben uns dann aber gefangen. Der körperliche Einsatz, bekanntlich oft mit Fouls einhergehend, kann eine Partie wieder zu den eigenen Gunsten öffnen. Beim betreffenden Spiel gab es insgesamt vier Platzverweise, drei für uns und einen für den VfL. Da hat es mich halt auch erwischt. Ich meine aber, dass der Schiedsrichter einen eher unglücklichen Tag erwischt hatte. Am Ende war es egal, wir haben 3:2 gewonnen.

Mit Thomas Brdaric, Valerien Ismael und Andre Breitenreiter sind Kollegen aus ihren Semestern erfolgreich durchgestartet. Macht es eher neidisch oder optimistisch?
Ich bin keine Person, die zu Neid neigt. Ich gönne jedem den Erfolg und betreffende Kollegen haben ihn sich hart erarbeitet. Ich schau bei solchen Fragen auf mich und denke auch manchmal, warum das bei mir noch nicht geklappt hat. Allerdings gehe ich selbstbewusst an die Sache heran und bin fest davon überzeugt, eine Aufgabe im Profibereich  erfolgreich meistern zu können.

Ein letzter Abstecher zur WM: den Kölner Klischees zufolge müssten wir uns Sie ja beim WM-Schauen kostümiert, durch die Straßen tanzend und mit reichlich Kölsch bestückt vorstellen. Liegen wir richtig oder greifen Sie doch lieber zum Düsseldorfer Alt?
Diese Zeiten sind lange vorbei. Früher ist man vielleicht kostümiert und im Deutschland-Dress durch die Straßen getanzt, aber das liegt doch jetzt einige Jahre zurück. Da ich sehr gerne den Gastgeber mime und dabei mit Freude den Grill bediene, werden 90 Prozent der wichtigen WM-Spiele im Garten der Lottners mit reichlich Besuch geschaut. Dabei gibt es natürlich das ein oder andere Kölsch- Altbier ist das absolute Tabu.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.