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Thorsten Fink: „Die wollen einen alle ins Bockshorn jagen“

„Die wollen einen alle ins Bockshorn jagen“, prangert Thorsten Fink im Interview mit BLOG-TRIFFT-BALL die Medien an. Wir wollten da natürlich wenig widersprechen, umkurvten das Thema HSV aber trotzdem elegant und ließen uns stattdessen die derzeitige Situation des 46-Jährigen beschreiben und erfuhren hintenraus, wie Blogger „Harry“ Jurkschat es als Trainer in die Bundesliga schaffen kann. Ab geht’s.

Foto: hammoniaview.de

 

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Hallo Herr Fink, wie langweilig ist der Tag ohne die Jungs und auf’n Platz gehen?
Es ist immer mühsam ohne Aufgabe, das ist doch klar. Aber es ist auch gut einmal alles zu reflektieren: Was lief gut? Was habe ich falsch gemacht? Also hat so eine Phase wie jetzt, durchaus etwas positives. Und ich habe Zeit für meine Kinder und die Familie.

Wann wächst die Arbeitslust denn wieder?
Man will schon relativ schnell wieder anfangen zu arbeiten. Man merkt dann, dass man durch und durch Fußballer und Trainer ist, Trainingslager und Spiele vorbereiten will und einfach anpacken möchte. Von daher arbeite ich auch ganz gerne und liege nicht so gerne faul zu Hause herum. Ich habe wieder Lust und vor allem Kraft für eine neue Aufgabe.

Schreiben Sie auch Bewerbungen?
Nein, ich schreibe keine Bewerbungen. Aber das muss ich auch nicht. Es ist so, dass alle möglichen Berater mich immer wieder anbieten oder ein Wort für mich einlegen. Was ich manchmal auch gar nicht möchte. Letztlich wissen die Leute schon wer ich bin und dass ich zu Verfügung stehe. Ein vernünftiger Verein sucht sich seinen Trainer danach aus, was er geleistet hat und guckt sich an ob es menschlich passt und wie die Philosophie aussieht. Es ist ja nun nicht so, dass man mich in Deutschland nicht kennt.

Wie betiteln Sie sich: Fußball- oder Bundesliga-Trainer?
Ist das ein Unterschied?

Ich ziele damit auf eine gewisse Richtung ab.
Ich höre mir sicher alles an, was aus dem Ausland kommt, falls Sie das meinen. Ich würde aber nicht zu einem Verein gehen, wo ich keine Ambitionen habe. Mir ist das Land eigentlich egal, aber ich möchte schon in den besten Ligen arbeiten. Aussuchen kann man sich das nicht immer. Ich bin noch kein Champions League Sieger geworden beispielsweise. Ich habe zwar meine Erfolge gefeiert, aber letztlich muss ich schauen, wo ich etwas erreichen kann. Natürlich habe ich weiterhin das Ziel in der Bundesliga zu arbeiten, aber wenn was Interessantes aus dem Ausland kommt, höre ich mir das sicher an. Ich darf ja nun nicht überheblich sein. Manche Sachen werden auch erst auf den zweiten Blick interessant.

Könnten Sie sich den Rangnick-Style bei einem unterklassigen Vereinen vorstellen?
Das habe ich ja eben gesagt. Klar ist so ein Engagement denkbar. Bei einem Verein etwas aufzubauen ist immer reizvoll. In Hamburg hat das nun leider nicht geklappt. Mit Basel hatte das andersrum sehr gut geklappt, aber dann kam eben ein gutes Angebot aus der Bundesliga. Und ich hatte eben auch meine Ziele und bin darauffolgend gewechselt. Ich sage also: Es kann in tiefere Ligen gehen, aber wenn ich einen Verein übernehme, sollte das Ziel immer die Bundesliga sein.

Wie schätzen Sie die Arbeit „da unten“ ein. Ist das Werkeln mit Amateuren schwieriger als mit Bundesliga-Profis?
Das kann man so leicht nicht sagen. Es geht vorrangig erstmal um den Charakter der Mannschaft. Ist der gut oder schlecht? Grundsätzlich sollte der Bundesliga-Spieler einige Sachen schon etwas schneller kapieren, während das bei einem Amateurfußballer vielleicht etwas länger dauert. Ich habe meine Erfahrungen aber auch in der Dritten Liga gemacht. Auch in Österreich. Und da wurde meine Philosophie gut umgesetzt. Es zeigte mir, dass mein System auch in einer Dritten Liga gut aufgegangen ist. Hohes Attackieren, viel Ballbesitz und viele Torschüsse – das habe ich in allen Vereinen hinbekommen und die Handschrift war überall zu erkennen.

Arsene Wenger ist der Meinung, dass jeder Trainer im Jugendbereich gearbeitet haben sollte.
Ja, ich finde es unwahrscheinlich wichtig an der Basis zu arbeiten. Nicht jeder Lehrling kann direkt zur Arbeit gehen, sondern muss das Handwerk vernünftig gelernt haben.

Und an der Basis ist der Erfolg viel messbarer. „Oben“ mit gutem Material zu arbeiten, ist ja einfach.
Das kann ich nicht sagen. Ich hatte bisher fast nur Erfolg, auch in den unteren Ligen. Es war immer alles gut.

Sie dürften im Laufe ihrer Karriere genügend Geld verdient haben. Warum tun Sie sich dieses Schweinegeschäft eigentlich weiter an und leben nicht einfach in den Tag bis Sie alt und grau sind?
Also erst einmal ist es kein Schweinegeschäft. Das ist mal ganz klar. Es ist ein Geschäft, welches immer wieder polarisiert, was mir Spaß macht und worüber die Menschen in Deutschland reden. Es ist ein tolles Geschäft. Aber eben schnelllebig. Damit muss man leben und ich weiß das auch. Aber ich bin durch und durch Fußballer und könnte gar nicht anders.

Finden Sie es denn beschwerlich, dass man sich als Fußballtrainer nicht mehr zu seinem Ex-Verein äußern kann, weil fast jede Aussage negativ und als nachtretend bewertet wird.
Natürlich ist es blöd, dass Aussagen oftmals anders ausgelegt werden als sie gemeint waren. Die Journalisten versuchen da ja immer wieder Sachen zu entlocken, mit denen die Schlagzeile gelingt. Da wird dann immer und immer wieder nach dem Ex-Verein gefragt, in der Hoffnung dass da eine negative Geschichte bei rumkommt. Das ist schon eine Frechheit. Am Ende wollen einen alle ins Bockshorn jagen.

Ruhiger geht’s bei den Ex-Profis zu, die den Fernsehexperten machen. Der Job hat dann auch mit Fußball zu tun, wird bestimmt nicht unterbezahlt und der Stuhl wackelt deutlich seltener als bei einem Bundesligatrainer.
Aber ich möchte kein Fernsehexperte sein. Ich bin Fußballtrainer. Ich werde zwar hin und wieder in die ein oder andere Sendung gehen, wenn man mich fragt, weil mir das auch Spaß macht. Aber ich will schon in meinem Bereich bleiben. Und es sollte niemand überlegen, ob Torsten Fink nun TV-Experte oder Trainer ist. Ich bin Trainer.

Könnten Sie Ihren Kindern den Job Fußballtrainer empfehlen?
Empfehlen weiß ich nicht. Sie sollen das machen, worauf sie Lust haben. Einer hat Lust auf Fussball, der andere nicht. Abraten werde ich ihnen nichts, sie entscheiden das irgendwann alleine. Sie sind aber erst 8 und 9. Wenn sie älter sind, dann kriegen sie meinen Rat. Erstmal sollen sie sich ihre Hörner abstoßen und dann sehen wir weiter, wie interessant es für sie ist.

Könnten Sie auch Manager?
Ein Trainer ist ja schon ein halber Manager. Wir machen ja auch viel Krisenmanagement und man muss sich auf dem Spielermarkt auskennen. Aber ich sehe mich eher als Trainer. Was später mal ist, weiß ich heute nicht. Stand jetzt will ich Trainer bleiben. Oder wieder werden und eine Mannschaft übernehmen.

Mal was anderes. Können Sie erklären, warum Ihr einstiger Mitspieler Lothar Matthäus keine Chance als Trainer in der Bundesliga bekommt?
Nein, das kann ich nicht sagen.

Inwiefern verändern sich Beziehungen zu Ihren alten Teamkollegen, jetzt, wo alle auf dem gleichen Jobmarkt unterwegs sind und sich um Arbeitsplätze streiten?
Gar nicht. Jeder Trainer hat ja seine Vor- und Nachteile, die zum jeweiligen Verein passen. Lothar ist anders, Markus Babbel ist anders. Ich habe meine Freunde von früher immer noch und die anderen, die nicht meine Freunde waren, sind es auch heute nicht. Man redet da nun nicht anders miteinander, wenn man mal Kontakt hat.

Herr Fink, mein Ziel ist ebenfalls das Trainergeschäft. Wie groß sind meine Chancen professionell zu arbeiten?
Das kann ruckzuck passieren. Ich hatte jemanden, der wollte Jugendtrainer werden und war zwei Jahre später in der Bundesliga. Sehen Sie zu, dass Sie die Trainerscheine machen. Wenn Sie die haben, dann kann alles passieren. Wenn Sie nicht Bundesliga gespielt haben, müssen Sie sich halt durch gute Arbeit einen Namen machen – in der Jugendarbeit beispielsweise.

Aber Sie meinen Durchlässigkeit für No-Names ist gegeben?
Die, die länger gespielt haben, haben natürlich mehr Erfahrung und einen Namen. Auf Sie würde ich als Manager da erstmal nicht kommen. Erarbeiten Sie sich einen Namen und setzen Sie Ihre Qualitäten durch. Dann kann der Weg auch mal schneller als gedacht nach oben führen.

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Uwe Rapolder sagte uns vor kurzem, dass nicht immer die besten Trainer oben arbeiten. Hat er recht?
Ich sage: Keiner ist umsonst auf seinem Arbeitsplatz gelandet.

Vermissen Sie Hamburg ein wenig?
Ich fühle mich hier wohl. Hamburg ist schon schön, das habe ich immer gesagt, aber auch in München kann man super leben. Hamburg kommt jedoch direkt dahinter.

Trainerstationen Torsten Fink und Erfolge: FC Bayern München II, FC Red Bull Salzburg II (Aufstieg in 2. Liga 2007), FC Red Bull Salzburg, FC Ingolstadt 04 (Aufstieg in 2. Bundesliga 2008),
FC Basel (Schweizer Meister 2010, Schweizer Pokalsieger 2010, 2011), Hamburger SV

Harry Jurkschat

Seit Gründung mit auf dem brennenden BTB-Rasen. Im Gegensatz zu Semmler ist Jurkschat smart. Eine Mischung aus Mehmet Scholl und Günter Netzer. Der ewig 31-Jährige Insiderexperte harmoniert sich von Meppen bis Kiel, ist der Ausbügler und Staubsauger in der 2. Reihe. Dazu kommt aufgrund internationaler Fussball-Erfahrung (6 Länderspiele für Deutschland) Know-How im Wesentlichen. Manko: Bisweilen zu symphatisch und häufig mit den Sekretärinnen beschäftigt.