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Der Profi der sich das Bier nicht verbieten lässt

Björn Lindemann ist in Deutschland als begnadeter Techniker und Partyboy bekannt. In Diensten von Holstein Kiel und dem VfL Osnabrück ließ der heute 31-Jährige desöfteren seine Klasse aufblitzen. Doch auch abseits des Platzes wusste der Drittliga-Spieler des Jahres 2009/2010 zu polarisieren. Mittlerweile hat es den ehemaligen Publikumsliebling nach Thailand verschlagen. Dort ist er der einzige Deutsche weit und breit. Mit BLOG-TRIFFT-BALL sprach er nun über das große Abenteuer Asien und die lindemannsche Feierei im Fernen.

Herr Lindemann, was ging Ihnen im ersten Flieger nach Thailand durch den Kopf?
Schwer zu sagen. Ich denke, es war ein Mix aus Spannung, Angst und Aufregung, denn ich wusste überhaupt nicht, was mich in Thailand erwarten würde.

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Waren Sie sofort vom Abenteuer „Fußball in Thailand“ überzeugt?
Nein, ich habe definitiv meine Anlaufzeit benötigt. Thailand ist mein erstes Auslandsengagement und es gibt vieles, an das man sich erst gewöhnen muss. Das dauert seine Zeit.

Warum sind Sie damals eigentlich nach Thailand gewechselt?
Damals war es so, dass ich das Verlangen hatte, einfach raus zu kommen. Raus aus Deutschland und in einem anderen Land Fuß fassen. Mein Ruf in Deutschland ist, wie viele wissen, nicht besonders gut. Und diesen Makel abzustreifen, ist äußerst schwer.

Wie schwer war es, fernab des gewohnten Umfelds, unter gänzlich neuen Bedingungen klarzukommen?
Es war wirklich nicht einfach, aber durch harte Arbeit, geschicktem Ausnutzen meines Talents und einem Quäntchen Glück habe ich es geschafft, mir in Thailand einen Namen zu machen. Deshalb hat sich der Schritt auf jeden Fall gelohnt. Sich zu behaupten und in Thailand anzukommen, schaffen nicht alle ausländischen Kicker. Deshalb bin ich stolz auf meine Leistung.

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In Deutschland spielten Sie in der zweiten und dritten Liga. In Thailand dürfen Sie in der ersten Liga kicken, Ihr Gesicht prangt in den Einkaufsmeilen auf Plakaten. Wie lebt ein Star in Thailand?
In dieser Hinsicht hat sich mein Leben nicht groß gewandelt. Das Leben in Thailand ähnelt dem in Deutschland. Es hält sich aus.

Es ist zu lesen, dass Sie noch ein paar Jahre „Geld scheffeln“ wollen. Was verdienen Sie als passabler Kicker dort?
Über Geld spricht man ja nicht. Nur so viel: Ich verdiene in Thailand besser als ich es in Deutschland getan habe und wahrscheinlich je hätte tun können.

Also lebt es sich als Profifußballer in Thailand besser als in Deutschland?
Die Frage ist schwer zu beantworten. Ich denke, dass jeder Fußballspieler diese Frage selbst für sich klären muss. Für mich persönlich lautet die Antwort: Ja, hier lebt es sich definitiv besser!

btb meint: Sehr gute Drittliga-Kicker können bis zu 10.000 Euro mtl. verdienen.

Was für einen Stellenwert hat Fußball in Thailand? Gibt es TV-Sender, die die Spiele übertragen?
Die Thais werden immer fußballverrückter. Das ist sicherlich durch die Erfolge der thailändischen Nationalmannschaft bedingt. Außerdem strömen immer mehr Fans in die Stadien der Vereine. Das wird von vielen Seiten wahrgenommen, sodass wir Spieler gefragter werden. Es wird allgemein mehr Geld in den Fußball investiert als früher. Und ja, auch Live-Übertragungen gibt es in Thailand. Von der ersten bis zur dritten Liga werden alle Spiele gezeigt. Das Ganze läuft ähnlich wie bei Sky in Deutschland. Im Merchandising sind die Thailänder übrigens auch gut dabei.

Was schätzen Sie an der asiatischen Welt?
Die Menschen in Thailand sind außerordentlich freundlich. Außerdem mag ich die kulinarischen Spezialitäten und natürlich die Sonne.

Thailand wird auch als Land des Lächelns bezeichnet. Wie begegnen Ihnen die Thais im Alltag?
Der Aussage kann ich nur beipflichten. Die Thais sind ein sehr freundliches Volk. Wenn du sie respektierst, respektieren sie dich auch. Und gerade das Lächeln ist bemerkenswert. Es lächelt wirklich jeder in Thailand.

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In einer Reportage über Sie ist zu lesen, dass Sie das ungestörte Feiern schätzen. Dann berichten Sie doch mal: Aus welchen Phasen besteht so eine lindemannsche Party-Nacht?
Was heißt „das ungestörte Feiern“? Es ist doch völlig klar, dass jeder gerne mal abschalten geht. Und da macht es einen gewaltigen Unterschied, ob man sich in einer Kleinstadt oder in Bangkok befindet. Hier gibt es natürlich viel mehr Plätze, an denen man ungestört mit seinen Freunden ein Bier trinken kann. Außerdem wird man dann nicht gleich in eine Ecke gestellt. Mittlerweile ist es so, dass ich eher das nette Beisammensein genieße. Es ist wirklich beneidenswert, an einem der zahlreichen schönen Strände in Thailand beim leckeren Abendessen mit seinen Freunden zu sitzen und die Zeit zu genießen.

Bangkok ist bekannt aus Hangover. Augenscheinlich eine Stadt, in der man richtig gut feiern gehen kann. Hat sich Ihr Lebensstil in diesem Zusammenhang gewandelt?
Das ist richtig. Man kann hier sehr gut feiern, wenn man im Urlaub ist. Doch wenn man erst einmal hier lebt, sind die vielen anderen Möglichkeiten, die sich einem bieten, schöner als das Feiern in Bangkok. Ich denke da nur an die schöne Landschaft außerhalb Bangkoks, zum Beispiel die malerischen Strände.

Wie fußballinteressiert sind die Frauen in Thailand?
Die Frauen interessieren sich sehr für den Fußball. Es ist echt überraschend, wie viele weibliche Zuschauer sich an Wochenenden in den Stadien einfinden

In einem Goal-Interview ist zu lesen, dass Sie Angst vor dem Schritt ins Ausland hatten. Woher rührte diese Angst? Für viele Fußballer ist es doch ein Traum während ihrer Karriere mal im Ausland zu kicken.
Ich weiß es nicht genau. Ich hätte es mir nie träumen lassen, einmal in Thailand zu spielen. Allgemein habe ich nie daran gedacht, eines Tages den Schritt ins Ausland zu wagen. Und jetzt spiele ich in Thailand. In einem Land, von dem ich vorher, zumindest was den Fußball anging, nie etwas wahrgenommen habe. Es war eine völlig fremde Liga für mich. Ich verbringe jetzt mein viertes Jahr hier und ich denke, es spricht für sich, wenn ich sage, dass ich bis hierhin noch immer der einzige deutsche Fußballspieler in Thailand bin.

Hat Sie ihr fußballerischer Auslandsaufenthalt verändert?
Mit Sicherheit. Die Leute, die mich gut kennen sind ebenfalls dieser Meinung. Doch es gibt ein Dutzend Menschen, die den alten Lindemann in mir sehen. Ganz egal, ob ich mich verändert habe und meine Einstellung zum Fußball sich geändert hat: Einige Menschen werden mich immer so sehen, wie ich früher war. Obwohl es keiner von Deutschland aus beurteilen kann, ob ich mich verändert habe, gibt es diese Menschen. Menschen, die trotz der Entfernung, alles besser wissen. Es kann sich jeder aussuchen.

Karsten Neitzel, der zwei Jahre als Trainer in Japan war, würde jedem Fußballer ein Auslandsaufenthalt empfehlen. Sie würden nicht widersprechen, oder?
Ja, auf jeden Fall. Die Erfahrung ist einfach unglaublich. Auch wenn Thailand fußballerisch nicht eine all zu große Erfahrung ist, so ist die menschliche Seite an der ganzen Geschichte mit einem großen Mehrwert für mich verbunden. Es hat mich menschlich unheimlich weit gebracht. Außerdem ist es sehr interessant, eine neue, andere Kultur kennen zu lernen.

Vor zehn Jahren liefen Sie für Holstein Kiel auf. Insgesamt 67 Mal streiften Sie sich das Kieler Trikot über, um das Offensivspiel der Störche zu beleben. Sie waren sehr beliebt an der Förde, standen zudem am Beginn Ihrer Karriere. Wieso trennten sich die Wege von Ihnen und Holstein Kiel bereits nach zwei Jahren?
In Kiel zu spielen, hat mir viel Spaß bereitet. Holstein war meine erste richtige Station im Herren-Fußball. Meine zwei Jahre in Kiel waren toll und ich habe immer alles gegeben. Im Endeffekt ist es mir nicht ganz klar, wieso die Trennung zu Stande kam. Erst wurde mein Vertrag verlängert, zwei Tage später wollte man sich dann von mir trennen. Alle Spieler waren am Mittwoch gemeinsam unterwegs. Es war die letzte Woche gemeinsam mit tollen Kollegen. Für solche Angelegenheiten wird immer ein schwarzer Peter gesucht. Ich war jung, hielt meine Klappe. Wahrscheinlich wurde ich deshalb auserkoren. Es gab in meiner Karriere sicherlich schlimmere Verfehlungen als dies. Aber gut, es war einmal.

Werfen Sie hin und wieder mal einen Blick auf ihre ehemaligen Vereine?
Na klar! Ich verfolge das Geschehen um meine Ex-Vereine sogar sehr intensiv. Viele Vereine spielen in der starken dritten Liga. Ich schaue viele Spiele, sofern es mir meine Freizeit zulässt. Und auch die Zeitungen lese ich regelmäßig. Das verpasse ich doch nicht.

Soll es am Ende der Karriere wieder nach Deutschland gehen oder wie ist Ihr Plan für die Zukunft?
Da kann ich noch nichts zu sagen. Ich mache mir schon Gedanken um die Zukunft und werde niemals etwas ausschließen. Doch wo es am Ende hingeht, ist noch völlig offen. Erst einmal hoffe ich, dass mich meine Beine noch lange tragen.

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18 Tore in 34 Spielen. Ihr Vertrag ist ausgelaufen. Haben sich die großen Vereine schon bei Ihnen gemeldet?
Das läuft hier in Thailand etwas anders, aber ich habe jetzt bei einem sehr guten Klub unterschrieben. Obwohl die Mannschaft gerade frisch aufgestiegen ist, sieht es gut für die Zukunft von meinem neuen Verein FC Nakhonratchasima aus. Der Verein hat sehr viele Fans. Ich bin der Meinung, die Fan-Base ist sogar die größte in Thailand. Außerdem hat der Verein natürlich viele große Sponsoren. Das Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren Meister zu werden. Meiner Meinung nach ist das Vorhaben absolut realistisch und machbar. Für mich ist es wichtig gewesen, dass der Trainer mich unbedingt wollte. Natürlich hätte ich kommende Saison gerne in der asiatischen Champions-League gespielt, aber im thailändischen Fußball spielt Politik eine große Rolle. Die Vereine sprechen vieles ab. Das war mir nicht vergönnt.

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Wenn es zu keinem neuen Engagement in Thailand gekommen wäre, hätte es einen Plan B gegeben?
Da ich einen neuen Verein gefunden habe, nein. Doch ich habe immer noch gute Kontakte zu alten Trainern, die immer mal wieder anfragen. Vielen lieben Dank an dieser Stelle.

Gibt es noch etwas zu sagen?
Lieben Gruß an alle Holsteiner! Weiter so, ihr seid auf einem sehr guten Weg. Ich werde die Dritte Liga weiterhin verfolgen. Und: Meinen Deckel im Alando habe ich schon lange bezahlt! (lacht)

Herr Lindemann, Danke für das nette Gespräch und weiterhin viel Spaß beim Abenteuer Thailand!

Norwin Heister

Der gebürtige Kieler mit natürlich gegebener Affinität zum Lokalmatador Holstein Kiel, ist 19 Jahre alt und macht gerade sein Abitur. Neben Heim- und Auswärtsspielen der KSV ist Norwin Heister gerne auch mal in den unteren Gefilden bis zur Kreisklasse unterwegs oder versucht sich selbst am Ball. Nach dem Betrieb eines eigenen Blogs, freut sich der angehende Bankkaufmann nun bei BTB über die Fußballgrößen des Nordens berichten zu dürfen.