Top

Philipp Bargfrede: „Man schätzt diese Momente einfach mehr“

Er kennt das Verlieren gar nicht. Zumindest nicht in dieser Spielzeit. Seit Philipp Bargfrede wieder zur Bremer Startelf gehört, holt Werder Sieg um Sieg. Wir sprachen mit dem 25-Jährigen über den sportlichen Fortschritt und warum monatelange Verletzungen nicht nur negativ sind.

Foto: pixathlon.de

Herr Bargfrede, wieso ist Werder Bremen so gut aus der Wintervorbereitung gekommen?
Wir haben sehr gut gearbeitet. Besonders im spielerischen Bereich und an der Defensivarbeit. Bereits in den ersten Spielen hat man gesehen, dass wir uns da verbessert haben. Für uns war es extrem wichtig, dass wir so gut gestartet sind. Aber es war auch nur ein Anfang, wir dürfen jetzt nicht nachlassen und müssen so weitermachen.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Welche Rolle spielte dabei der Sieg gegen Borussia Dortmund, den Werder unmittelbar vor dem Hinrunden-Ende eingetütet hattet?
Zunächst waren die Punkte entscheidend, denn die waren ganz wichtig für die Tabelle und die persönliche Stimmung. So konnten wir mit einem guten Gefühl in die Feiertage gehen und positiv in die Vorbereitung starten.

Wo Sie es ansprechen. Was hätten Sie jemanden gesagt, der Ihnen vor Saisonbeginn erklärt hätte, dass sie nach dem 20. Spieltag mehr Punkte als Dortmund haben würden?
Für Dortmund ist das gerade eine sehr schwere Situation, mit der sie sicher nicht gerechnet haben. Aber wir dürfen nur auf unsere eigene Situation schauen. Wir haben jetzt ein paar Punkte gut gemacht und stehen ordentlich da. Aber wir müssen auch weiterhin hart arbeiten und vor allem weiter punkten.

Kann man das Vergleichen? Wie auch Bremen hat sich auch Dortmund vom Champions-League-Teilnehmer zum Abstiegskandidaten entwickelt.
Da ist es schwer einen Vergleich zu ziehen. Als wir das erste Mal richtig in die Bredouille kamen, waren wir schon kein Champions-League-Teilnehmer mehr. Ich kann mich aber gerade ganz gut in die Köpfe der Dortmunder hineinversetzen. Es ist schwer aus dieser Situation rauszukommen. Wenn man keine Punkte holt, lässt auch das Selbstvertrauen nach. Aber ich bin mir sicher, dass auch sie schon bald wieder ihre Punkte holen werden.

Vor ein paar Jahren haben Sie noch gegen Inter Mailand und Tottenham gespielt, nun assoziieren die Medien und viele Fußballfans den SV Werder Bremen mit einem Abstiegskandidaten. Haben Sie das Gefühl, ein schwächerer Spieler als damals zu sein?
Das kann man so nicht sagen. Wir sind heute in einer ganz anderen Situation. Auch wenn die letzten Jahre nicht ganz so erfolgreich verliefen, spürt man, dass sich in Bremen gerade etwas entwickelt. Wir haben viele junge Spieler, in denen eine Menge Potenzial steckt. Dazu überragende Fans, die uns Spieltag für Spieltag unterstützen. Hier wächst etwas heran.

Stellen Sie sich manchmal die Frage, wo Sie mittlerweile sein könnten, wenn nicht die ganzen Verletzungen gewesen wären?
Die Verletzungen haben natürlich dazu beigetragen, dass die letzten Jahre nicht so verlaufen sind, wie ich mir das vorgestellt habe. Aber ich habe mich immer zurückgekämpft und bin in guter Verfassung zurückgekommen. Ich bin auch eher der Typ, der versucht, selbst aus schlechten Phasen das Positive herauszufiltern.

Was ist positiv daran, monatelang verletzt zu sein?
Nach der langen Verletzungszeit bin ich deutlich gelassener geworden und gehe mit einigen Situationen einfach lockerer um. Ich freue mich einfach, auf dem Platz zu stehen und genieße die Stimmung im Stadion. Vielleicht schätzt man diese Momente einfach mehr, wenn man sie so lange nicht erleben durfte.

Hinterlassen Verletzungen nicht dennoch psychische Narben, die sich negativ auf Ihr Spiel auswirken könnten? Das Sie zum Beispiel mehr Respekt haben, in einen harten Zweikampf einzusteigen.
Wenn das so wäre, dann könnte ich nicht mehr professionellen Fußballspielen. Ich gehe so in die Zweikämpfe, wie ich es schon vor meinen Verletzungen tat. Mit vollem Einsatz und dem Ziel, das Beste für die Mannschaft herauszuholen.

Herr Bargfrede, wo möchten Sie als Spieler noch einmal hin? Sie sind mit 25 im besten Fußballalter?
Ich möchte mit Werder Bremen und dieser Mannschaft möglichst viel Erfolg haben, Spiele gewinnen und zunächst einmal diese Saison erfolgreich gestalten, bevor ich damit anfange, an höhere Ziele mit Werder zu denken.

EXKLUSIV: Zum großen Interview mit Willi Lemke

EXKLUSIV: Zum großen Interview mit Willi Lemke

Das internationale Geschäft reizt Sie vorerst gar nicht?
Im Moment ist das bei uns kein Thema. Erst einmal möchte ich mit Werder so schnell wie möglich die nötigen Punkte einfahren, damit wir die Klasse halten. Aber klar, wenn man einmal international gespielt hat, möchte man da gerne wieder hin. Viel wichtiger ist jedoch erst einmal, dass ich gesund bleibe. Alles andere ergibt sich von selbst.

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Aber Spaß macht Fußballspielen doch vor allem, wenn man gewinnt. Die Stimmung ist doch eine ganz andere, als wenn man als Mannschaft dazu gezwungen ist, permanent nach unten zu schauen?
Sicherlich ist es lockerer, wenn man oben in der Tabelle steht und keine Gedanken an den Klassenerhalt aufbringen muss. Aber das heißt nicht, dass die Stimmung bei uns schlecht wäre. Wir haben in Bremen eine tolle Mannschaft beisammen, dazu diese super Fans im Rücken. Es macht richtig Spaß!

Wie locker das Verhältnis zu Ihrem Co-Trainer Torsten Frings? Immerhin standen sie noch gemeinsam auf der Doppel-Sechs.
Er war ein Riesenspieler und eine super Persönlichkeit. Gerade in den beiden Jahren, mit dem ich noch mit ihm zusammengespielt habe, konnte ich mir viel von ihm abschauen. Und auch jetzt bringt sich Torsten in seiner neuen Funktion als Co-Trainer sehr gut ein. Seine Erfahrung tut uns gut.

Und hat er sich geändert?
Nein, überhaupt nicht. Er ist immer noch derselbe Typ wie als Spieler. Ich denke nur, und das ist normal, dass er als Trainer mittlerweile ein paar Dinge anders sieht als früher.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.