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Bodo Schild: „Mit dem Maulwurfshügel muss Gutzeit leben!“

Bodo Schild ist der starke Mann beim TSV Schilksee. Der derzeitige Tabellenführer der SH-Liga schaffte es in nur sechs Jahren vom Abstiegskandidaten in der Kreisklasse zum Herbstmeister der höchsten schleswig-holsteinischen Liga.  Manager Schild offenbart im ersten BLOG-TRIFFT-BALL-Interview was es mit dem Projekt Schilksee auf sich hat, wie es um einen möglichen Aufstieg in die Regionalliga gestellt ist und wieso man gerne das Auffangbecken hinter Holstein Kiel sein möchte. Außerdem: BLOG-TRIFFT-BALL bringt Sturmstorch Fiete Sykora beim TSV ins Gespräch.

Herr Schild, es heißt, Sie sind früher auch gerne mal im Trainingsanzug zu den Spielen ihres Teams gegangen. Warum sind die legeren Auftritte inzwischen aus der Mode gekommen?
Damals war ich noch der Trainer der Verbandsligamannschaft. Und in dieser Aufgabe geht man natürlich auch im Trainingsanzug zum Spiel. Doch das ist vorbei, da nach unserem Aufstieg mit Mladenovic, Lehwald und jetzt Gutzeit andere Verantwortliche diese Aufgabe an der Seitenlinie übernommen haben.

Was reizt Sie denn als erfolgreicher Unternehmer an einem Fußballverein wie Schilksee?
Sehr viel. Ich bin seit 43 Jahren Mitglied im TSV Schilksee. Das hat also noch ganz andere Gründe. Der Verein war vor sechs Jahren mausetot, denn es gab nur noch eine Herren-Mannschaft und die stand vor dem Abstieg in die Kreisklasse B. Dann haben sich ein paar Leute zusammengetan, die in den Neunzigern gute Zeiten in Schilksee erlebt hatten. Damals spielten wir ebenfalls in der fünften Liga. In meinen elf Jahren als Trainer in Schilksee bin ich mehrfach mit der Mannschaft aufgestiegen. Der TSV Schilksee ist der Verein, mit dem ich groß geworden bin. Da steckt Herzblut drin.

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Warum hat Sie ein größeres Engagement bei Holstein Kiel nie gereizt?
Bei keinem anderen Verein dieser Welt würde ich mich groß engagieren. Das ist meine Überzeugung. Mein Verein ist Schilksee. Das sind wir. Wer meint, ich laufe durch Kiel und bin der große Sportsponsor, ist falsch informiert.

Aktuell stehen Sie an der Spitze der SH-Liga und ärgern den SV Eichede, der ganz scharf auf den erneuten Aufstieg in die Regionalliga Nord schielt. Was ist das Erfolgs-Konzept hinter dem TSV Schilksee?
Wir haben eine Mannschaft aus Kieler Jungs. Das sind Spieler, die von den kurzen Wegen profitieren, denn Schilksee liegt in Kiel und die meisten wohnen auch hier in der Stadt. Wir wollen das Auffangbecken hinter Holstein sein. Den jungen Talenten, die bei Holstein in der Jugend gespielt haben, möchten wir die Möglichkeit bieten, nicht mehr nach Flensburg oder Neumünster fahren zu müssen, um Fußball auf höherem Niveau zu spielen.

Was bieten Sie den jungen Ex-Störchen in Schilksee?
Immer nur in der Zweiten zu spielen macht die Jungs nicht glücklich, da sie nicht aufsteigen und zu den Hallenmasters dürfen. Bei uns werden sie anders wertgeschätzt, und zwar als Spieler der ersten Mannschaft. Im Mittelpunkt zu stehen, tut unseren Jungs sehr gut. Sie sind die Spieler, um die es geht, und nicht nur das Zubrot.

Die Verpflichtung von Trainer Thorsten Gutzeit war für viele Fußballfans in Schleswig-Holstein ein Knaller. Wie kam es zu seinem Engagement in Schilksee?
Ich kenne Thorsten Gutzeit schon 25 Jahre. Das Projekt Schilksee hatte sich von Jahr für Jahr weiter entwickelt. Dadurch wurde Schilksee für die richtigen Trainer interessanter. Mit „richtige Trainer“ meine ich die Verantwortlichen, die den Verein mitnehmen, sich über die Jugend Gedanken machen, Vorgaben und Ansagen tätigen. Und so einen richtigen Trainer haben wir gesucht und in Thorsten Gutzeit gefunden. Das passte dann ganz hervorragend.

War es leicht ihn zu überzeugen?
Grundsätzlich waren wir uns schnell einig. Trainer und der bisherige Weg des TSV sowie unsere Zukunftsdenke passten gut zusammen. Das war ihm wichtig – uns ebenso. Aber er muss in Schilksee andere Dinge akzeptieren als er sie bei Holstein perfekt vorfinden konnte. Die Bereitschaft dazu fasziniert mich immer noch sehr. Hier kommt nämlich alles nach und nach. Immer ein bisschen besser. Wir warten zum Beispiel dringend auf einen Kunstrasenplatz sowie auf den Ausbau des Vereinsheims. Alles ist angeschoben und wird fleißig beackert. Es stört den Trainer natürlich, wenn wir einen Maulwurfshügel auf dem Platz haben, aber da muss er durch. Er weiß, dass wir an allen Fronten um Besserung bemüht sind. Trotzdem können wir gut Fußball spielen. Passspiel und Laufwege sitzen, die Fitness ist da. Das ist sehr wichtig.

Ab wann bekommt man als Verein einen Trainer der Kategorie Gutzeit?
Man muss sich auch erst einmal in den elitären Kreis der richtigen Trainer hocharbeiten. Dass ein Mann vom Format Gutzeit kam, war für uns natürlich eine Bestätigung. Einen Gutzeit bekommst du nicht in jeder Spielklasse und nicht einfach mal so. Thorsten braucht eine sinnvolle Perspektive für seine Arbeit. Diese versuchen wir jeden Tag zu optimieren.

Vor einigen Tagen stellten sie nun Frank Drews als neuen Sportlichen Leiter in Schilksee vor. Das ganze nimmt so langsam Fahrt auf. Zuletzt trainierte Frank Drews die U19 von Holstein Kiel. Kam der Anstoß durch Thorsten Gutzeit oder wie sind Sie auf Herrn Drews aufmerksam geworden?
Ich bin 52, Frank ist 52. Man kennt sich also gut und lange. Das passte schon einmal. Thorsten und ich haben in Bezug auf unser Konzept viel zusammengesessen und wussten, dass wir nun den nächsten Eckpfeiler einsetzen müssen. Als Thorsten Gutzeit Frank Drews vorschlug, sprach nichts gegen dessen Einbindung. Außerdem ist er natürlich gut vernetzt, besitzt viele Kontakte, kennt sich im Scouting sowie im Jugendbereich bestens aus. Nach einer Woche war alles geklärt.

Es scheint als würden Sie dem Jugendbereich gerne einen größeren Stellenwert verpassen wollen.
Das muss alles stehen und wachsen, perfektioniert werden. Vielleicht muss auch darüber nachgedacht werden, das ganze etwas größer aufzuziehen im Kieler Fußballnorden, damit am Ende mehr Qualität bei uns rumkommt. Dass die A- und die B-Jugend in die SH-Liga aufsteigen sollen steht schon auf dem Zettel. Das Vorhaben setzen wir mit Konzept und viel Organisation um, zum Beispiel mit Fußballcamps und Fördertraining für talentierte Jungs. Und da gehört es dazu, dass Thorsten Gutzeit samt einer Handvoll Ligaspieler mit den Jugendspielern für einen Spaßvormittag in die Halle geht. Wohlgemerkt einen Tag vor dem wichtigen Spiel gegen die U23 von Holstein, das trotzdem gewonnen wurde.

Aktuell stehen Sie mit dem TSV auf dem ersten Platz in der SH-Liga. Sechs Punkte Vorsprung besitzen sie auf die zweitplatzierte U23 von Holstein Kiel. Sportlich läuft es. Jetzt mal Butter bei die Fische: Peilen sie den Aufstieg in die Regionalliga Nord an oder ist das kein Thema für Sie? Das Potenzial scheint ja gegeben zu sein.
Da sind sie alle noch sehr optimistisch, denn damit haben wir uns noch gar nicht abschließend beschäftigt. Bis zum 31. März müssen wir vorbereitet sein und die Unterlagen einreichen. Die Unterlagen vom Norddeutschen Fußballverband haben wir dieser Tage erhalten – werden jetzt in Klausur gehen. Wir wissen jetzt über den Inhalt des Schreibens Bescheid und werden zeitnah alle Dinge prüfen, wozu natürlich auch das Sponsoring gehört. Es ist jedenfalls so, dass es schon Vereine gegeben hat, die trotz sportlicher Qualifikation letztlich auf den Aufstieg verzichtet haben. Das Thema Sponsoren muss bei uns bezüglich möglicher höherer Anforderungen noch deutlich wachsen. Aber wir denken nicht nur an die Regionalliga, sondern auch immer an die Verbandsliga, denn die zweite Mannschaft ist genauso wichtig für uns. Könnte ich mir einen Aufstieg aussuchen, würde ich immer den der zweiten Mannschaft vorziehen, um das Paket zwischen erster und zweiter zu schnüren und den Sprung zwischen den Ligen möglichst gering zu halten. Es ist wichtig, die zweite Mannschaft für den Aufbau der A-Jugendlichen und für den Einsatz der Ergänzungsspieler aus dem Kader der ersten Mannschaft möglichst hoch spielen zu lassen. Die Zweite ist ein ganz wichtiger Baustein für uns. Außerdem ist uns klar, dass nicht alle aus dem derzeitigen SH-Liga-Kader die Regionalligatauglichkeit haben und trotzdem gute Fußballer sind. Bei diesen Leuten haben wir natürlich das Bestreben, sie längerfristig im Verein zu halten und die Zweite in eine gute Position zu bringen. Das ist für mich unheimlich wichtig. Die Zweite soll weiterhin auch von der Philosophie an die Erste angedockt werden.

Wo liegen die Zweifel in Schilksee begraben?
Wir haben den ersten Tabellenplatz lange noch nicht sicher. Es sind noch zwölf Spiele zu absolvieren und ich finde es immer ein wenig unfair, mit dem „Verteilen der Beute“ zu beginnen, bevor man den Bären überhaupt erlegt hat. Zwölf Spiele sind viel Holz, zumal es bekannt ist, dass es gar nicht so leicht ist, nach der Winterpause direkt wieder in Tritt zu kommen. Da wären wir nicht die ersten. Wir hoffen, dass wir weiter unseren Weg gehen, aber das ist noch nicht geschehen, sondern hypothetisch. Regionalliga ist sportlich natürlich toll, in den anderen Bereichen aber auch eine große Belastung. Denn: Wir sind nicht der Verein, wo man mal kurz auf den Knopf drückt und die nächsten benötigten Gelder rieseln herunter. Das muss erst alles organisiert werden – da würden wir noch sehr viel Unterstützung benötigen.

In Hamburg wollen sich einige Spieler des Oberliga-Tabellenführers Halstenbek-Rellingen den Mehraufwand in Liga 4 nicht antun.
Das ist auch so ein Thema. Ein Aufstieg ist immer mit einem Mehraufwand für die Spieler verbunden. Die Spieler sind alle berufstätig, müssten für die Regionalliga aber noch mehr trainieren, längere Auswärtsfahrten auf sich nehmen. Zu dem ganzen Thema werden wir die Mannschaft demnächst befragen, um zu sehen, ob die Jungs überhaupt Lust auf die vierte Liga hätten. Sonst stehst du nachher ohne Mannschaft da und musst viele externe Spieler holen. Damit meine ich Profis, was derzeit noch nicht in Frage kommen kann.

Meinen Sie, der jetzige Kader könnte in der Form auch in der Regionalliga bestehen?
Zwangsläufig würde es dann dazu kommen, dass wir von den jetzigen 23 Spielern den einen oder anderen Akteur eine Liga höher wohl nicht mehr im Ligakader sehen würden. Die Anforderungen einer 4. Liga sind natürlich enorm – da kann es privat, beruflich und sportlich das eine oder andere Problem geben. Diese Dinge gilt es zu respektieren und zeitnah zu klären. Wir haben sicherlich Leute, die in der Regionalliga zurechtkommen würden. Es wäre vermessen, zu sagen, dass der Kader für die Regionalliga steht. Da müssten wir etwas unternehmen. So müsste der Kader in der Breite bestimmt verstärkt werden, wenn das dann so käme. So weit sind wir jedoch noch gar nicht.

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Aber eine grobe Vorstellung haben Sie doch sicher schon?
Es gibt sicherlich Spieler, die möchten gar nicht mehr auf ihre alten Tage in der Regionalliga spielen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Spieler, die das Zeug für die vierte Liga hätten.
Timo Nath, stellvertretend für einige andere Spieler, wäre ein gutes Beispiel. Der Junge hat natürlich das Potential. Wenn der in seiner Karriere nicht noch Regionalliga spielt, hat er eigentlich etwas verpasst. Da muss man jeden Spieler einzeln bewerten. Es gibt einige Jungs, die für die Regionalliga in Frage kämen. Ebenso haben wir natürlich auch Spieler, für die SH-Liga noch gut geht, die Regionalliga aber aus den bereits erwähnten Gründen betrachtet einfach eine Nummer zu groß wäre. Das muss man wissen, um ehrlich miteinander umzugehen. Dann ist das alles kein Problem.

Der Vertrag von Fiete Sykora läuft im Sommer aus. Er ist ein Kieler mit tollem Ruf. So ein Typ muss Sie doch reizen.
Ich weiß, dass er in der Nähe von Kiel wohnt und auch nach seiner Holstein-Zeit in Kiel bleiben möchte. Sein Vertrag läuft auch aus, das ist bekannt. Mehr kann ich nicht dazu sagen.

Herr Schild, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die verbleibenden Partien.

Norwin Heister

Der gebürtige Kieler mit natürlich gegebener Affinität zum Lokalmatador Holstein Kiel, ist 19 Jahre alt und macht gerade sein Abitur. Neben Heim- und Auswärtsspielen der KSV ist Norwin Heister gerne auch mal in den unteren Gefilden bis zur Kreisklasse unterwegs oder versucht sich selbst am Ball. Nach dem Betrieb eines eigenen Blogs, freut sich der angehende Bankkaufmann nun bei BTB über die Fußballgrößen des Nordens berichten zu dürfen.