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Wieso Terry Thomas besser spielt als zu Saisonbeginn

Neben Headcoach Hamed Attarbashi und seinem Co, Özhan Gürel, gibt es eine dritte, wichtige Stütze im Trainerteam der Hamburg Towers: Melvyn Wiredu ist Athletiktrainer bei Hamburgs Türmen. Im Interview mit BTB-Reporter Jonas Giesenhagen gibt Wiredu Einblicke in das Training mit den Profis und erklärt, wieso Terry Thomas heute besser spielt als zu Saisonbeginn.

Foto: Wiredu im 4D Pro ReAction Trainer (© Michael Schwartz, schwartz-photo.de)

Sie sind Athletiktrainer der Hamburg Towers, wann kam der erste Kontakt zu Stande?

Mein älterer Bruder hat damals mit Marvin Willoughby zusammen Basketball gespielt und dadurch kennen wir uns schon lange. Als Marvin nach seiner aktiven Zeit nach Hamburg zurück gekommen ist, kam der Kontakt zum Nachwuchsteams, den Piraten Hamburg, zu Stande. Der damalige Co-Trainer, den ich ohnehin gut kannte, kam dann auf mich zu und hat gefragt, ob ich mit den Jungs im Athletikbereich trainieren könnte. Wir haben uns zusammengesetzt und ich habe das dann ehrenamtlich gemacht. Hat Spaß gemacht, die Jungs waren super drauf. Als die Hamburg Towers dann konkret wurden hat mich Marvin gefragt, ob ich auch mit den Profis arbeiten möchte und so hat es sich immer weiter entwickelt.

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SpardaSportiv_Banner_0315_v3Musste Marvin Willoughby Sie noch überzeugen, oder waren sie von dem Projekt ohnehin schon begeistert?

Was Marvin mit „Sport ohne Grenzen e.V.“ umgesetzt hat war mir natürlich schon einigermaßen bekannt. Als wir einander vorgestellt wurden hat er mir seine Pläne erzählt und mir sofort klar, dass ich ihn gerne unterstützen werde.

Waren Sie mit den Spielern der Hamburg Towers sofort auf einer Wellenlänge?

Die Jungs sind wirklich alle super drauf. Ohnehin ist es bei Sportlern meistens so, dass man schnell miteinander klarkommt wenn man die selben sportlichen Interessen teilt. Aber natürlich tickt jeder Mensch ein wenig anders, so dass man sich am Anfang erst mal kennenlernen musste. Unser Team hat damals tolle Arbeit geleistet, so dass allen von vornherein klar war, wer für welche Bereiche des Coachings verantwortlich ist. Das wussten die Spieler, ebenso wie die Trainer.

Für welchen Bereich sind Sie denn genau verantwortlich?

Ich bin dafür zuständig die körperlichen Attribute der Spieler zu optimieren. Die Jungs werden von mir in den Bereichen Kraft, Athletik und Ausdauer trainiert. Desweiteren versuche ich festzustellen, wo bei den einzelnen Akteuren noch Defizite herrschen. Dann überlege ich mir passende Übungen und arbeite mit den Spielern individuell, um sie zu verbessern.

Wie können wir uns das in der Praxis vorstellen?

Jeder Spieler hat einen individuellen Plan, den ich in Absprache mit unseren Physiotherapeuten entwickle. Dabei versuche ich darauf zu achten das Trainingsprogramm so anzupassen, dass wir explizit Defizite verbessern können. Wenn ich im Training sehe, dass ein Spieler uneffiziente Bewgungen macht, kommt es aber auch mal vor, dass ich ihn direkt unterbreche und wir unmittelbar darüber sprechen.

Woran erkennen Sie welche Defizite bei einem Spieler vorhanden sind?

Einerseits durch jahrelange Erfahrung die ich selber durch das Spielen gesammelt habe. Anderseits gibt es aber auch viele Dinge, die einem sofort auffallen. Zum Beispiel beim Sprung eines Spielers. Wenn derjenige völlig unorthodox abspringt fällt sowas auch einem Laien schnell auf. Für mich geht es dann eher um den nächsten Schritt. Ich hinterfrage wieso das Defizit vorhanden ist, überlege Methoden mit denen wir es ausbessern können.

Wir sitzen gerade bei Fitness First am Jungfernstieg, wo Sie auch mit der Mannschaft trainieren. Wie sieht hier eine Trainingssession aus?

Ich gehe mit jedem Spieler den Trainingsplan Schritt für Schritt durch, so dass jeder genau weiß, was er hier zutun hat. Viele kennen sich sowieso schon gut aus, weil sie das von ihren vorherigen Vereinen ähnlich kennen. Wir machen am Anfang ein gemeinsames Aufwärmtraining und danach gehen die Jungs dann an ihre Geräte. In der Zeit flitze ich durch das Studio, um möglichst viel mitzukriegen. Ich kann natürlich dann nicht überall gleichzeitig sein. Aber mit einem Augenzwinkern würde ich behaupten dass ich, durch das hin- und hergerenne, die Person bin die sich während des Trainings am meisten bewegt.

Hat schon mal ein Spieler eine der Methoden in Frage gestellt oder gar für falsch befunden?

Nein, kann ich mich zumindest nicht dran erinnern. Die Jungs sind alle aufgeschlossen und da gibt es keine Widerworte. Nicht, dass ich das nicht dulden würde – natürlich bin ich offen für alles, aber ich mache mir ja meine Gedanken und daher ist es schon sinnvoll was ich mit den Spielern umsetzen will. Häufig gibt es dann einen „Aha-Effekt“ der auch mir bestätigt, dass wir gute Arbeit geleistet haben.

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Können Sie uns einen konkreten Fall beschreiben, wie Defizite bei einem Spieler ausgebessert wurden?

Terry Thomas ist ein gutes Beispiel. In der Saisonvorbereitung habe ich ein paar Defizite in der Bewegung von Terry Thomas festgestellt. Wir haben sofort angefangen diese Defizite zu bearbeiten, weil es unglaublich wichtig war für seine Motorik auf dem Spielfeld. Das ist ein konkreter Fall, bei dem es viel besser geworden ist. Plötzlich kamen Terry und Hamed Attarbashi zu mir und meinten „Wow! Das ist wirklich viel besser geworden.“ Sowas fällt jedem dann sofort auf. Terry Thomas fühlt sich jetzt athletischer, er springt viel besser und in den Bereichen hat er keine Verletzungen mehr seitdem.

Durch die tägliche Arbeit sind Sie nah dran am Team. Wurden die Erwartungen mit dem bisherigen Saisonverlauf erfüllt?

Ich hatte, wie die meisten anderen auch, keine Erwartungen an die Saison. Wir konnten das zuvor alle nur schwierig einschätzen. Ich war sehr positiv überrascht, nachdem wir direkt drei der ersten vier Spiele gewinnen konnten. Das Ganze hat sich jetzt immer mehr eingespielt und wir können besser einschätzen wo wir stehen. Wenn wir konzentriert arbeiten können wir die meisten Mannschaften schlagen. Die restlichen Spiele werden aber nochmal ein anderes Kaliber, weil die anderen Team auch besser im Rhythmus sind und sich weiter verstärkt haben.

Seit einigen Spielen stehen die Towers schon auf einem Playoff-Platz. Da möchte man doch am Ende auf jeden Fall dabei sein, oder?

Dabei sein auf jeden Fall! Aber Vorsicht: ich habe mit einigen Jungs aus der ProA gesprochen und alle von ihnen haben mich gewarnt, dass in den restlichen Saisonspielen ein ganz anderer Basketball gespielt wird als in der Hinrunde. Vincent Kittmann und Will Barnes haben damals mit 15 Niederlagen in Paderborn nur knapp die Playoffs verpasst. Wenn man das als Maßstab nimmt kann da noch viel passieren. Mit dem Aufstieg werden wir nichts zu tun haben, das war aber auch nicht unser Ziel.

Jonas Giesenhagen