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Duisburg gegen Kiel: Das Head to Head

Im ersten von zwei Taktikstücken vergleicht BLOG-TRIFFT-BALL die beiden Teams und ihr Spielermaterial miteinander. Auf welchen Positionen hat Kiel Vorteile, wo bietet Duisburg das bessere Personal auf? Das Top-Spiel am Samstag im Direktvergleich.

Die Torhüter: Ratajczak vs. Kronholm

Auf dem ersten Blick geht dieses Duell klar an den Kieler. Kein Torhüter hält häufiger die Null, kein Keeper hat weniger Gegentore kassiert. Seine Parade gegen Hansa Rostock, als er einen eigentlich unhaltbaren Volley von Manfred Starke parierte, war vielleicht die Parade der Saison. Mit Kronholm, so sagen auch einige andere objektive Beobachter, haben die Kieler den besten Torhüter der Dritten Liga in ihrem Aufgebot. Ein klarer Vorteil gegen Duisburg?

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Mitnichten. Michael Ratajczak hält seit Wochen in Topform. Sein Verdienst war es, dass Duisburg gegen Erfurt überhaupt drei Punkte holte und sich so vor dem Duell mit Kiel die Pole-Position sicherte. Immerhin hielt er nicht nur einen Elfmeter, sondern auch zweimal ganz stark gegen heranstürmende Erfurter. Ratajczak, der traurige Berühmtheit erlangte, als Fortuna Düsseldorf seinen Vertrag trotz des mit ihm als Stammtorhüter erreichten Bundesligaaufstiegs nicht verlängerte, hechelt in der jetzigen Verfassung nicht mehr hinter Kronholm her. Es ist ein nahezu ausgeglichenes Duell, in dem sich der Kieler Keeper am Ende aber knapp durchsetzt. Kleiner Vorteil Kiel – 0:0,5

Innenverteidigung: Bajic/Meißner vs. Krause/Wahl

Die Innenverteidigung der Duisburger führt zwei unterschiedliche Typen zusammen. Mit Bajic gibt ein ganz abgezockter Defensivspieler in der Duisburger Abwehr die Kommandos, an seiner Seite steht der elf Jahre jüngere Thomas Meißner. Bajic, der erst in der Rückrunde auf Dauer in die Startelf rutschte und zuvor an einer Viruserkrankung laborierte, sorgte dafür, dass sich die Duisburger Hintermannschaft im neuen Fußballjahr merklich stabilisierte. Mit ihm in der Startelf holte der MSV 44 Punkte aus 20 Spielen, ohne ihn nur 24 aus 16 Partien. Auch wenn er ob des Alters nicht mehr der schnellste ist – Bajic interpretiert seine Rolle sehr seriös.

Ähnlich wie in Duisburg kann man die Gründe für den Kieler Aufwärtstrend ebenfalls bei einer Abwehr-Personalie suchen. Seitdem Karsten Neitzel den eigentlichen Sechser Marlon Krause in die Viererkette beorderte, ist Kiel gefühlt unbesiegbar. Krauses fulminante Zahlen: 55 Punkte bei 24 Einsätzen. Ebenso interessant: Krause, 24, ist der Routinier in der Abwehrzentrale. Mit Hauke Wahl ergänzt nämlich eines der  besten deutschenn Abwehrtalente den spielstarken Krause. Kiels Abwehr ist jünger und spritziger, dazu weiß man mit Krause einen Experten für den Spielaufbau in der Hintermannschaft. Selbst die Bajic-Routine kommt dagegen nicht an. Vorteil Kiel – 0:1,5

Außenverteidiger: Wolze/Bohl vs. Herrmann/Kohlmann

13 Torbeteiligungen stehen zwei mickrigen Vorlagen gegenüber. Was die Offensive anbelangt, liegen zwischen den Außenverteidigerpaarungen beider Teams Welten. Ein klarer Vorteil für Duisburg. Auch in der Arbeit nach hinten werkeln die brandgefährlichen Wolze und Bohl mit, wobei der aus dem defensiven Mittelfeld in die Viererkette beorderte Bohl seine Abwehr-Aufgaben etwas seriöser löst.

Aber auch die Kieler versammeln trotz mangelnder  Offensivpower Qualität. Kohlmann, der im Sommer von Union Berlin kam, hat sich nach durchschnittlichen Start längst etabliert und macht seine Seite in der Regel dicht. Ihm steht Patrick Hermann in wenig nach, viel mehr noch im Gegenteil: Gegnerische Gegenspieler fürchten sich vor der Kompromisslosigkeit, die der 27-Jährige im Zweikampf an den Tag legt, dabei aber so gut es eben geht die sportliche Netiquette wahrt. Defensiv mag das Kieler Duo vielleicht sogar eine Nuance besser sein, aber da im modernen Fußball vor allem mitspielende Außenverteidiger verlangt werden, geht der Punkt an Duisburg, die im eigenen Ballbesitz zwei weitere Waffen auf den Flügeln wissen. Vorteil Duisburg – 1:1,5

Zentrales Mittelfeld: Dausch/Albutat vs. Vendelbo/Kegel

Den Duisburgern ist ein echter Winterglücksgriff gelungen. Kreativspieler Dausch wurde im Januar von Union Berlin geholt, seitdem ist die Duisburger Offensive noch facettenreicher. Fünf Tore und vier Vorlagen – für den umtriebigen Mittelfeldmann, der nahezu alle Positionen zwischen der Sechs und Zehn bespielen kann, sind das starke Werte. Ergänzt wird Dausch von Tim Albutat. Die Leihgabe aus Freiburg bewegt sich wie eine Abwehrdrohne vor der eigenen Viererkette und haut notfalls ordentlich dazwischen (zehn Gelbe Karten).

Verstecken müssen sich die Kieler vor diesem Duo nicht. Mikkel Vendelbo dominiert die Sechs und räumt kräftig auf, zuletzt profilierte er sich gar als Schütze eines sehenswerten Tores. Maik Kegel spielt nach einer durchwachsenen Hinrunde wie ausgewechselt, ist mittlerweile als unverzichtbare Stammkraft angekommen. Seine Pässe schneiden oft tief in die gegnerischen Reihen, was jedoch fehlt ist die eigene Torgefährlichkeit. Im gelang nur ein Tor, und das war auch noch ein ganz verrücktes Ding aus über 50 Metern beim 4:0 in Rostock. Auch wenn Dausch überragt, er die beste Statistiken auflegt: Duisburg holt sich hier nur ein gutes Remis, da auch die Kieler Doppelsechs trotz magerer Zahlen zur absoluten Liga-Elite zählt. Unentschieden – 2:2,5

Flügel und Offensives Mittelfeld: Grote, Gardawski, Janjic – Kazior, Siedschlag, (Breitkreuz)

Janjic, Grote, Gardawski, Klotz und eventuell gar Dausch, wenn er in eine offensivere Rolle beordert wird. Die Offensivreihe der Duisburger liest sich prominent – und sie wird ihrer Reputation auch vollends gerecht. 36 Tore haben die aufgezählten Akteure bislang erzielt, Starspieler Janjic netzte alleine 17mal. Das größte Problem aus Kieler Sicht: Da das Angriffsspiel der Zebras so viele Optionen beherbergt, ist ein festes System kaum zu entschlüsseln. Die eine richtige Taktik gegen den Dauerdruck zu finden – es scheint fast unmöglich.

Bei den Kielern sieht es dürftiger, aber  bei weitem nicht schlecht aus. Klar ist: Offensiv können Rafael Kazior, Tim Siedschlag und Edeljoker Patrick Breitkreutz nicht mithalten. Dafür ist die Produktion zu ausbaufähig. Aber nicht zu vergessen: In Kiels Pressingsystem, in dem alle zehn Feldspieler Druck machen und notfalls auch gemeinsam das eigene Tor verteidigen, sind diese Spielertypen unabkömmlich. Dennoch fällt ihr das Urteil deutlich aus: Kiel kann  Duisburgs Qualität an dieser Stelle nicht Paroli bieten. Vorteil Duisburg – 3:2,5

Angriff: Onuegbu vs: Schäffler/Heider

Der große Vorteil des MSVs: Er ist im Besitz eines Stürmers, der auch ohne Sturmpartner funktioniert und Torgefahr ausstrahlt. Ein Onuegbu macht es möglich, das Mittelfeld mit einer offensiven Dreierkette variabler zu gestalten. Ebenso bitter für Kiel: Nach dem der Motor Onuegbus in der Hinrunde stotterte, trifft der Nigerianer zuletzt wieder wie es ihm beliebt. Optional kann der MSV Onuegbus Wucht noch besser in Szene setzen, in dem man ihm Sidekick Kevin Scheidhauer zur Seite stellt.

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Bei den Kielern läuft offensiv fast alles über drei Spieler. Heider, Kazior und Schäffler haben zusammen 33 Tore erzielt und gerade Letzterer blüht nach erheblichen Problemen in seiner Anfangszeit richtig auf. Aus dem Stolperer Schäffler ist eine höchst manierliche Option geworden, die nicht nur wieder trifft, sondern vor allem den kantigen Körper komplett dem Erfolg der Mannschaft verschreibt. Mit Marc Heider gesellt sich dazu eine gefürchtete Konteroption. Das Problem: Die Kieler haben keinen Onuegbu, brauchen stattdessen Teamwork. Kleiner Vorteil: Duisburg – 3,5:2,5

Die Reservisten:

Es ist schwer, hier ein verlässliches Urteil zu treffen. Die Grund dafür ist plausibel: Es hängt komplett vom Spielverlauf ab, um zu bestimmen, wer die besseren Optionen in seinen Reihen hat. Während Duisburg zahlreiche offensive Möglichkeiten aufweist, jederzeit Kreativität durch Kreativität ersetzen kann, hat Holstein Kiel prädestinierte Reservisten für das Verteidigen von Führungen. Mit Auracher und Gebers saßen zuletzt arrivierte Drittliga-Manndecker auf der Bank, die jederzeit die Viererkette weiter stabilisieren können. Dazu kommt mit Wirlmann ein talentierter Abfangjäger für das Mittelfeld, der bei vielen Einwechslungen trotz seines jungen Alters überzeugen konnte. Die Flügelspieler Jaroslav Linder und Patrick Breitkreutz sind zudem passable Konterspieler, die von müder werdenden Abwehrbeinen der Gegenspieler profitieren. Unentschieden – 4,5:3,5

Die Trainer: Gino Lettieri vs Karsten Neitzel

Obwohl beide Fußballlehrer sich in ähnlichen Semestern bewegen – die beiden Protagonisten an der Seitenlinie kennen sich nur von den Aufeinandertreffen bei Ligaspielen. Wer besser ist – das ist unmöglich zu bestimmen. Für Neitzel spricht, dass er ein Team kontinuierlich weiter entwickelte, es vom Abstiegskandidaten zur Spitzenmannschaft formte. Doch auch Lettieri hat seine Pfeile im Köcher: Zwar ist sein Kader objektiv betrachtet stärker und erfahrener, doch ist es ebenfalls eine Herkulesaufgabe, eine so vielseitige Mannschaft beisammen zu halten und sie überhaupt aufzustellen. Beide Teams stehen fast gleichauf da, lediglich ein Punkt trennt sie. Was den Ausschlag für Neitzel gibt: Sein Weg nach oben war einfach länger und steiniger. Kleiner Vorteil Kiel – 4,5 : 4

Endergebnis: 4,5 : 4 für Duisburg.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.