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7 Notizen zum Kieler Saisonstart

Zwei Spieltage und eine Pokalnacht hat Holstein Kiel hinter sich, der Saisonstart fiel nach dürftigem Beginn größtenteils gut aus. BLOG-TRIFFT-BALL mit sieben Notizen (viermal positiv, einmal „naja“ und zweimal negativ) zum Saisonbeginn. Am Expertentelefon: Karsten Neitzel.

Positiv:

Der Pokalabend gegen Stuttgart

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„Jetzt können wir uns voll auf den Aufstieg konzentrieren“, schrieb ein Kieler Fan nach der bitteren, aber letztlich auch bejubelten 1:2-Niederlage gegen Bundesligist Stuttgart. Die Kieler hatten sich Respekt verdient und Selbstvertrauen gesammelt. Einer Mannschaft Paroli zu bieten, die Wochen zuvor Manchester City aus dem Stadion flankte, gelingt nicht jedem Drittligisten.

Für die Kieler war der letzte Samstag ein wichtiger Abend, der deutlich machte: die Störche haben im Vergleich zur starken Rückrunde der letzten Spielzeit wenig verlernt. Karsten Neitzel sagt: „Es ist schön, wenn man sieht, wie schnell etwas zusammengewachsen ist.“

Der Trainer selbst hatte aus der Testspiel-Klatsche von Manchester City gegen den VfB seine Lehren gezogen und dadurch fast die Schwaben geknackt. So verteidigte Rafael Czichos gegen seinen Stuttgarter Gegenspieler Mann gegen Mann und begegnete ihm auch in zentralerer Position, auch wenn der Neuzugang aus Erfurt dafür gelegentlich seine Seite verlassen musste. Den Fehler, den die Millionentruppe aus Manchester gemacht hatte, nämlich stur im Raum zu verteidigen, vermieden die Kieler gegen die flexiblen Stuttgarter. Das enge Resultat im Duell mit dem aufstrebenden Bundesligisten bestätigte: Auch taktisch haben die Störche wenig verlernt.

Hauke Wahls Mentalität:

Hauke Wahl möchte gerne zweite Bundesliga spielen, so viel wurde in den letzten Wochen deutlich. Ganz vorne im Wettrennen um das Top-Talent: Der 1. FC Kaiserslautern. Dessen Sportlicher Leiter Markus Schupp beobachtete Wahl erst am letzten Samstag und durfte erneut eine starke Leistung notieren.

Vor zwei Wochen sah es noch anders aus. Wahl rutschte aus der Startelf gegen Mainz II, Kiel erlitt wenig später ein schweres Debakel. Wahl kehrte stark wie eh und je zurück. Auch Motivationsprobleme suchte man vergeblich.  Ein Vollprofi.

Die Neuzugänge sitzen.

Mit vier Neuzugängen begannen die Kieler gegen den VfB Stuttgart. Linksverteidiger Czichos bewies erneut, dass seine Offensivstatistiken des Vorjahres nicht zu viel versprochen hatten. In drei Pflichtspielen hat Czichos bereits  getroffen und ein Tor vorgelegt.

Denis Weidlich wechselte nach seinem Kaltstart in den Innenverteidigung auf die Sechs und tauschte mit Marlon Krause. Obwohl der „Kicker“ noch unzufrieden ist und bisher nicht die besten Noten springen ließ, ist Neizel angetan. Er sagt: „Danso erfüllt seine Aufgaben. Er hat noch Luft nach oben, macht aber schon vieles richtig.“

Noch bessere Zeugnisse stellt der Trainer zwei offensiven Kräften aus: Während sich Steven Lewerenz bei seinem Debüt gleich als Torschütze hervorheben konnte, besitzt Fabian Schnellhardt sogar das Zeug zum Überraschungstransfer. Zwar knipste das vielseitige Talent noch nicht, der Coach schwärmt dennoch: „Er ist ein begnadeter Fußballer, der sehr viele Situation mit seiner Technik lösen kann.“

Eine prallgefüllte Bank:

Obwohl einige Spieler verletzt ausfallen, hat Holstein Kiel eine vielseitige Bank zu bieten. Das Urteil des Coach: „Es macht Spaß, sich umzudrehen und zu wissen, das man hat genug gute Jungs draußen hat, die man jederzeit bringen könnte.“ Einer der Jungs: Manuel Schäffler. Der saß am zweiten Spieltag erst draußen, um dann als Joker den Siegtreffer zu erzielen. Oder Dominik Schmidt, der in den letzten Jahren zu den besseren Drittligaverteidigern gezählt wurde, nun aber  um seine Rolle kämpfen muss. Durch die baldige Genesung von Manuel Janzer kommt bald der nächste Härtefall hinzu. Wäre der Kader komplett einsatzbereit, könnte eine mögliche Bank so aufgestellt sein: Jakusch, Schmidt, Kohlmann, Janzer, Nyarko, Sane, Schäffler. Ein Luxusproblem.

So naja:

Das Kieler Publikum

Kurzum: Die Pokalkulisse in Kiel machte auch am Fernseher richtig Spaß. Die Choreographie der Fans:  edel und ungewöhnlich, zu recht ein Renner im Internet. Samstagabend, Flutlicht, dazu der VfB Stuttgart als Gegner. So manch Kieler würde sich gerne an diese Konstellation gewöhnen.

Durchwachsen war der Saisonstart trotzdem. Auch wenn Mainz II kein Publikumsmagnet ist: Nicht einmal 6000 Zuschauer waren nach der furiosen Vorsaison zum Auftakt  gekommen. Ein schwacher Wert. Preiserhöhung der Tickets hin oder her. Der Kieler hat ein treues Publikum, bei Autogrammaktionen schlängeln sich die Anhänger eng aneinander. Das Eventpublikum fehlt hingegen zum Ligastart.

Negativ:

Das Verletzungspech

Milad Salem, Kenneth Kronholm, Manuel Janzer und Patrick Kohlmann. Gleich mehrere potenzielle Stammspieler hat es bereits erwischt. Die Kieler ächzen unter Verletzungsproblemen.

Dafür kann kaum einer was, das Pech gehört wie das Glück zum Fußball dazu. Kommen aber noch mehr Verletzte hinzu, könnte es eng werden. Trotz üppigen Personals. Auch deshalb die Ankündigung von der sportlichen Seite, demnächst die ersten Schonungsmaßnahmen zu ergreifen. Neitzel verrät: „Wir schauen ganz genau hin. Der eine oder andere bekommt bald eine Verschnaufpause.“

Die Hängepartie um Hauke Wahl:

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Auch wenn sich der Spieler tadellos verhält und Leistung zeigt: ideal sind die Gerüchte um einen Wechsel nicht. Auch wenn die Beraterseite ankündigte, dass Wahl in jedem Fall in Kiel bleibt – sicher ist das noch  lange nicht. Für die Kieler verlockend: Eine Ablösesumme in Höhe von 400000 Euro könnte theoretisch generierbar sein. Noch sieht die Praxis aber anders aus.

Problematisch ist es deshalb, weil Kiel möglichen Ersatz im Blick haben muss. Noch problematischer: Mit Wahl würde ein U23 Spieler gehen, was deshalb wichtig ist, da jedes Drittligateam mindestens vier Youngster pro Spieltag im Kader haben muss. Einen vom Niveau her ähnlichen und ebenso jungen Innenverteidiger zu bekommen – so gut wie unmöglich.

Kandidaten für überraschende Wahl-Entwicklungen gibt es dennoch reichlich. Davidson Drobo-Ampem soll bei den Kielern auf dem Zettel gestanden haben, trainiert nun aber bei St. Pauli zur Probe. Vielleicht ein möglicher Kandidat: Steven Ruprecht. 1,96, starke Rückrunde als Vizekapitän für Hansa Rostock, nach Schulterverletzung wieder fit. Wie Wahl ein Linksfuß. Dazu Kumpel von Dominik Schmidt und Denis Weidlich. Der Haken: Ruprecht ist 28.

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Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.