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DFB-Pokal: Payback-Time, liebe Lauterer!

Zum ersten Mal seit 2012 darf der FC Hansa wieder im DFB-Pokal mitmitschen. Der Gegner: Der 1. FC Kaiserslautern. Wie die Chancen stehen und warum der 1. FC Kaiserslautern ein gutes Omen ist. Der BLOG zum Spiel.

Es gibt ein, zwei Hansa-Fans aus dem Lager der „Alten“, die ich gerne anrufe, wenn mich ein anderer Blick zum aktuellen Vereinsgeschehen interessiert. Sie sind lange dabei, machen fast jede Auswärtstour mit, vor allem aber sind es vernünftige Kerle mit vernünftigen Ansichten, gerne mit ein paar unpopulären Sätzen gegen den Mainstream der Fan-Meinung. Sie sagen zum Beispiel ganz kluge Dinge wie: „Der Erdmann, der soll erstmal Leistung bringen, dann kann er reden.“ Oder zur steigenden Larmoyanz gegenüber Schiedsrichterentscheidungen: „Das in Chemnitz war ein absolut vertretbarer Elfer. Gibt’s die gleiche Szene bei uns, können sie dir auf einmal 50 Minuten lang erzählen, warum das einer war.“

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

In diesen Fans steckt Substanz. Wer seit Jahren fast jedes Hansa-Spiel mitnimmt, und sich dennoch bei aller Vereinssympathie um Neutralität bemüht, der ist ein Fan ganz nach meinem Geschmack. Ihre Meinungen zum Spiel gegen Kaiserslautern eher weniger. Einer der beiden, Sven, sagt nämlich: „Wie immer, wenn das Stadion voll ist, werden wir es wieder richtig verkacken.“

Zugegeben: Der Satz fiel mit einem Hauch Sarkasmus. Ernst war er trotzdem gemeint. Und die letzten beide Male, als das Ostseestadion gerappelt voll war, glichen eben keinem hanseatischen Freudentänzchen.

Gegen RB Leipzig hatte es zunächst einige – bemitleidenswerte – Gewalttäter gegeben, die den Fußballfans unbedingt das Spiel vermiesen wollten, gegen Dresden zog dann auch noch die Mannschaft nach. Ein ausverkauftes Haus brachte den Rostocker zuletzt wenig Freude.

Gegen Kaiserslautern soll sich das ändern. Auch wenn das Los vielerorts nicht als Glücklos wahrgenommen wurde, da der Gegner als 1. zu stark zum Weiterkommen und 2. nicht attraktiv genug eingeschätzt wurde, hat sich mittlerweile eine kleine Pokaleuphorie eingestellt. Womöglich wird die 20.000er Zuschauermarke geknackt.

Nach drei Jahren Kellerfußballer mit zwei Landespokalblamagen lechzt der Rostocker nach Pokal-Feeling. Schmerzlich wurde es vermisst. In der Vereinskasse, noch mehr im Kalender der Stadionbesucher.

Dazu kommt: Der Gegner ist dabei gar nicht so fad, wie es zunächst den Anschein hat. Zwar ist er kein Bundesligist und schon gar kein „schlagbarer“ Zweitligaklub, doch war der FC Kaiserslautern mal so etwas wie ein Lieblingsgegner des FC Hansa. Ich alleine war dreimal gegen Lautern im Stadion und siegte immer. 4:2, 1:0 und 5:1.

Als der FC Hansa den FC Kaiserslautern noch regelmäßig schlug, waren die Zeiten in Rostock besser. Gegen die Männer vom Betzenberg holte man so gut wie immer Punkte für Klassenerhalt oder Aufstieg. Und selbst wenn der FC Hansa mal nicht gewann, geizten die Lauterer nicht damit, den Hanseaten ein behagliches Gefühl zu vermitteln. Zum Beispiel damals, als sie uns vorgaugelten, dass Marcus Allbäck der neue Oliver Neuville sei. Der spielte gegen die Roten Teufel das allererste Mal im Hansatrikot und schoss bei einer der seltenen Heimniederlagen gegen Lautern zwei Tore, nachdem es zwischenzeitlich 0:3 gestanden hatte.

Oder, und hier wird’s kryptisch, als  der FCK beim letzten Pokalauftritt der Rostocker hochüberlegen mit 2:0 führte, es dann aber spannend machte und so dem Hansa-Fan suggerierte: So schlecht seid ihr ja gar nicht.

Waren wir leider doch. Kurzum: In den drei Jahren nach der 1:3-Niederlage hat der FC Hansa fünf reguläre Cheftrainer verbrannt. Sie hießen Wolf, Fascher, Bergmann, Lottner und Vollmann, nur zu Erinnerung.

Rostock stieg einmal fast ab, landete einmal im Mittelfeld und war einmal sogar klinisch tot, bevor der sechste Trainer, Karsten Baumann, den Verein am offenen Herzen zum Klassenerhalt operierte.

Das Spiel gegen Kaiserslautern hat also auch seine Geschichte, auch wenn man sie suchen muss. Man kann sagen: Nach dem damaligen 1:3 begann die Scheiße richtig zu dampfen. Danke dafür, liebe Teufel. Am Sonntag wird zurückgezahlt.

Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das gelingt?

Zunächst einmal schlecht. Hansa hat keinen euphorischen Start hingelegt, zwar in Chemnitz ganz gut gespielt und ein hochverdientes Remis eingefahren, trotzdem ist man „noch“ sieglos.

Lautern dagegen erwischte einen manierlichen Start. Vier Punkte aus zwei Spielen lassen sich ansehen, dass Auftaktprogramm mit dem Eröffnungsspiel in Duisburg und dem Duell mit Braunschweig war keinesfalls ein Selbstläufer.

Und genau hier findet sich das größte Problem für Hansas-Paybackpläne. Der 1. FC Kaiserslautern steht genauso im Saft wir die Rostocker, befindet sich nicht mehr in der gröbsten Eingewöhnungsphase. So mancher Bundesligist scheint derzeit verwundbarer.

Der Umstand, dass die Lauterer ihr Stürmertalent Phillip Hofmann nach England verkauft haben, schafft es für die Rostocker auch nicht auf die vage Liste mit den Dingen, die für eine Heimüberraschung sprechen. Mit Kacper Przybylko stürmt nun ein junger Pole, der nicht viel schlechter als sein Vorgänger sein soll. Zuletzt hat er einen bombastischen Pflichtspieleinstand gefeiert.

Nichtsdestotrotz gibt es auch zwei Mutmacher für die Hanseaten. Zum einen darf man wohl wieder Baumann-Fußball spielen. Man muss nicht das Spiel machen, sondern darf offensiv verteidigen. Ein Drama wie gegen Bremen II, als man ausgekontert wurde, droht gegen die Pfälzer nicht. Man kann abwarten, kompakt stehen und auf Chancen lauern, ohne behäbig zu werden. Selbiges haben die Rostocker unter ihrem Trainer meist sehr erfolgreich vermieden.

Der größte Pluspunkt entspringt einer simplen Additionsaufgabe. Bickel + Gardawski + Jänicke = permanente Gefahr.

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Gegen Chemnitz zeigte sich gut, wie gefährlich Rostock sein kann, ohne wirklich gefährlich zu spielen. Was nach Nonsens klingt, ist gar nicht so abwegig. Die Hanseaten taten sich gegen Chemnitz schwer, das Spiel langfristig aufzubauen und den Gegner konstruktiv unter Druck zu setzen. Dennoch kam die Hansa-Kogge häufig sehenswert vors Tor.

Was daran lag, dass die drei Offensivkräfte mit Mittelfeld immer wieder Gefahr aus individuellen Situationen kreieren konnten. Dribblings und Flanken, die selbst Jänicke zum Kopfballungeheuer machten, allen voran Schüsse aus der Distanz. Schon in der Vorbereitung deutete sich hier eine Verbesserung an. Rostock hat Kräfte im Aufgebot, die den Ball nicht nur ins Tor tragen wollen, sondern sich Abschluss aus der Distanz zutrauen.

Gegen Lautern ist das die größte Chance auf den Sieg. Der eine geniale Moment, der die Rostocker auf die Siegerstraße führt. Der erste Kandidat dafür: Michael Gardawski, der bisher in jedem seiner Hansa-Spiele zu gefallen wusste. Passenderweise hat mit Ex-Torhüter Tobias Sippel ausgerechnet der Lauterer den übermorgigen Gegner verlassen, der am besten darin war, geniale Momente der gegnerischen Stürmer mit wunderbaren Paraden zu übertreffen. Zumindest diese Gefahr wird am Sonntag gebannt sein.

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Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.