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Andreas Herzog über Basler, Bremen und Joe Biden

Andreas Herzog hat vieles im Weltfußball erlebt. Der Österreicher kennt die Bundesliga in Deutschland und seiner Heimat aus dem Effeff. Im Interview erzählt er ausführlich, warum er dem Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten nackt in der Kabine begegnet ist und schildert seine ganz eigene Sicht der Dinge über Werder Bremen und den Fußball an sich.

Videoproduktion Bremen

Foto: Getty Images

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Erstmal. war Mario Basler wirklich so ein wilder Hund auf und neben dem Platz?
Er hat auf alles gepfiffen (lacht). Mario war ein genialer Spieler und ein genialer Spieler benötigt gewisse Freiheiten. Natürlich hat er diese Freiheiten manchmal zu stark ausgenutzt, aber immer wenn es knapp war, und Rehhagel ihm die Leviten gelesen hat, hat er wieder die zwei entscheidenden Tore gemacht. Das zeigt, was für ein großartiger und wichtiger Spieler er war.

Gibt es ähnliche Typen wie Basler auch heutzutage?
Das ist heute nicht mehr möglich. Heute sagt jeder in Interviews exakt dasselbe. Im Grunde genommen braucht man ja gar niemanden mehr interviewen. Wenn du sagst, was du denkst, zahlst du gleich eine Geldstrafe oder wirst auf den diversen Social Media Kanälen angegriffen. Fußball war früher ein Sport, heute ist es ein Business, in dem es um extrem viel Geld geht. Da kann man als Spieler heutzutage nicht mehr so viele Freiheiten und Spaß haben, wie wir es damals gewohnt waren.

Um viel Geld geht es auch bei den Ablösesummen. Ist ein junger Spieler wie Kylian Mbappé 130 Millionen Euro wert?
Das ist ja ein Wahnsinn. Er ist ein exzellenter junger Spieler, genauso wie Dembélé vom BVB oder Dybala von Juventus Turin. Das ist die neue Generation der Superstars. Aber wenn man sieht, welche Summen für diese jungen unerfahrenen Spieler verlangt werden, dann müssten Messi und Ronaldo jeweils 500 Millionen kosten. Und das ist absurd, so kann es auch nicht weitergehen. Jetzt steigen noch die Chinesen und die Amerikaner ein. Ich hoffe, dass diese Blase zum Wohle des Fußballs irgendwann platzt, damit er wieder im Vordergrund steht.

Werder Bremen spielt derzeit einen sehr schönen Fußball und hat eine beeindruckende Serie hingelegt. Welchen Anteil haben die drei Österreicher am Erfolg?
Einen sehr großen Anteil. Junuzovic ist einer der wichtigsten Spieler in der Mannschaft, Florian Grillitsch hat sich mehr oder weniger zum Stammspieler hochgearbeitet und auch Florian Kainz ist nach seinen Anlaufschwierigkeiten auf einem sehr guten Weg. Wenn er noch ein bisschen zulegt und nur annähernd so gut wie bei Rapid spielt, hat er sicher bald einen Stammplatz.

Die Statistiken sprechen für ihn.
Jetzt ist auch die Mannschaft erfolgreich. Er ist sicher nicht zu Werder gegangen, um dort Joker zu sein. In Österreich war er einer der besten, und dann willst du auch bei Werder einen Stammplatz.

Was hat Trainer Alexander Nouri am System geändert, dass es plötzlich wie geschmiert läuft?
Wichtig war die Stabilisierung der Defensive. Für offensiven Fußball war Bremen immer bekannt, aber wenn du im Schnitt drei Tore pro Spiel bekommst, stehst du zwangsläufig am unteren Ende der Tabelle. Serge Gnabry war ein exzellenter Kauf, Max Kruse ist jetzt im Frühjahr förmlich explodiert und Fin Bartels bildet mit Kruse ein kongeniales Duo. Das alles ist zum Großteil Verdienst von Trainer Alex Nouri und das ist sensationell.

Kann jetzt bei Werder Bremen mit den jungen Spielern rund um Gnabry, Kainz etc. wieder etwas wachsen, um irgendwann an die erfolgreichen Zeiten anzuschließen?
Der Schlüssel dafür wird die Europa League-Qualifikation sein. Dann wäre der Verein wieder attraktiver und sie hätten Zusatzeinnahmen. Um jemanden wie Max Kruse, der schon bei Gladbach und Wolfsburg war, und Zlatko Junuzovic, der verlängert hat, kann man sicher ein Team entwickeln. Serge Gnabry kann man sicher nicht halten, solche jungen Talente hat Werder immer schon verkaufen müssen und das wird auch in Zukunft so sein.

Macht Florian Grillitsch den richtigen Schritt mit dem Wechsel nach Hoffenheim im Sommer?
Wenn Hoffenheim in die Champions League kommt, dann spielt er Champions League, dann ist es der richtige Schritt. Ich denke, dass er mit Julian Nagelsmann einen hochinteressanten Trainer hat. In Hoffenheim muss er jedoch wieder von Null anfangen, nachdem er sich in Bremen bereits einen Namen gemacht hatte. Ich gehe aber davon aus, dass er es auch dort schaffen wird.

Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt?
Abgesehen von meinem Vater war Ernst Dokupil sehr wichtig, der mich bei Vienna trainiert hat, nachdem ich es bei Rapid nicht in die erste Mannschaft geschafft hatte. Er ist damals zu mir gekommen und hat gemeint, dass er mich schon als Kind spielen gesehen hat und dass ich jetzt rausgehen und genauso locker wie damals spielen soll. Das habe ich dann gemacht und nach drei Spielen mit drei wichtigen Toren war ich Nationalspieler. Außerdem natürlich Otto Rehhagel und Pepi Hickersberger, der am Anfang meiner Karriere Nationaltrainer war.

Was hat Otto Rehhagel als Trainer ausgemacht?
Die Spieler waren seine Jungs, er hat sich immer vor die Mannschaft gestellt. Wie er mit uns Spielern umgegangen ist, war einzigartig.

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Sie gelten als Entdecker von Marko Arnautovic. Was trauen Sie ihm noch zu? Hätte seine Karriere auch anders verlaufen können?
Als Entdecker sehe ich mich nicht. Ich hatte Glück, dass er damals beim A-Team noch nicht drangekommen ist und deshalb noch einige Spiele bei mir in der U21 gemacht hat. Ich glaube, dass er, wenn er früher ein paar Eskapaden ausgelassen hätte, heute schon um einiges erfolgreicher wäre. Seine Entwicklung war aber trotz alledem sehr gut: Publikumsliebling in Österreich und bei Stoke City mit genialen Momenten. Er sollte nur wieder ein paar Spiele entscheiden. Dann ist für ihn sicher noch ein Sprung nach oben drin, die Qualität hat er zweifelsohne.   

Wie war das Gefühl, dem Vizepräsidenten der USA, Joe Biden, nackt in der Kabine zu begegnen?
Es waren ja auch einige Bodyguards da (lacht). Das war total irre. Ich war mit unserem Fitnesstrainer in der Trainerkabine duschen und wir wollten dann in der Kabine noch mit der Mannschaft feiern. Also sind wir noch nackt in die Kabine und auf einmal stehen da zehn Bodyguards gemeinsam mit Joe Biden und seiner Tochter. So schnell war ich noch nie wieder angezogen (lacht).

Dieser Beitrag ist zuerst auf sports.bwin erschienen. Dort bekommst du übrigens noch eine Menge mehr Beiträge und Interviews aus der Welt des großen Sports.

Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.