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BOLZER

„Ich habe mit null Euro angefangen“

Henoch Förster ist der Macher hinter der Streetwear-Marke BOLZPLATZKIND und erfolgreicher Jungunternehmer. Er erklärt, wie man ohne Kohle und Kontakte, dafür mit der eigenen Handynummer und Authentizität, eine neue Marke erschafft.

Henoch, du bist Germanist, Kommunikationswissenschaftler und Sport- und Fitnesskaufmann. Was nützt dir in deinem Job am meisten?

Imagefilme für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern

Ehrlich gesagt die Kommunikation. Ohne sie geht nichts. Nur mit ihr kannst du die Botschaft einer Marke authentisch rüberbringen. Nur mit ihr funktioniert der Kundenkontakt. Doch es ist auch entscheidend, wie du kommunizierst. Und dabei hilft die germanistische Lehre ungemein. Meine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann führte mich damals ins Arbeitsleben ein. Das war auch entscheidend. Denn die Praxis ist dann doch nochmal ganz anders als die Theorie der Universität. Wenn man nun bedenkt, dass ich vorher auch noch ein Studium der Volkswirtschaftslehre erfolgreich abgebrochen habe, dessen Inhalte mir im wirtschaftlichen Bereich dennoch sehr weiterhelfen. Dann sieht man: In meinem heutigen Job vereint sich alles, worin ich mich nach dem Abitur weiterbildete.

Wie bist du auf die Idee für Bolzplatzkind gekommen?

Ursprung war ein verregneter Sonntag in der Bibliothek zur Zeit meines Studiums in Bamberg. Ich schwelgte in Kindheitserinnerungen. Und anstatt zu lernen, schrieb ich einen Text über den Bolzplatz. Den postete ich auf einer Fußballseite auf Facebook und war erstaunt über das gute Feedback. Der Text ist heute noch im Original auf der Website. Das Wort Bolzplatzkind habe ich dort erschaffen, ich schaute direkt bei Google, ob es das schon gibt. Fehlanzeige. Und so war ich richtig stolz auf meinen ersten Neologismus, der es hoffentlich mal irgendwann in den Duden schafft. 

Hast du die Marke allein gefunden, oder wurdest Du beraten?

Dann kam die Idee, den Begriff Bolzplatzkind auf ein Shirt zu drucken. Und die Marke war geboren. Ich brauchte noch ein Logo. Was heute so einfach aussieht, war die Aneinanderreihung von Schicksalsbegegnungen. Grund für das Markendesign ist letztendlich ein starker Sommerregen in Berlin. Bei der Ausgestaltung half mir dann mein Grafiker. 

Wie erfindet man eigentlich eine Marke?

Du brauchst eine Idee für ein Produkt oder eine Dienstleistung. Der wichtigste Punkt ist dann: Geht es mir um das Ego oder die Nachfrage. Wer sich auf Letztere konzentriert, der schaut, was die Menschen brauchen, meldet Gewerbe an und startet einfach. Wichtig dabei ist, dass die Marke einen USP hat und den Menschen einen Mehrwert gibt. Viele denken: Oh, geile Idee. Und merken dann: Oh, gibt es ja schon. Man muss den Markt beobachten und schauen, dass es ein Business wird, was sich lohnt. 

Wie fiel der Entschluss, sich selbstständig zu machen, gab es da einen einprägsamen Moment?

Ich war schon vor Bolzplatzkind selbständig. Während meines Studiums gründete ich mein erstes Unternehmen. Eine Beratungsagentur für Kommunikation mit dem Schwerpunkt Social Media Betreuung. Da suchte ich mir einfach ein paar Kunden, denen ich PR-technisch weiterhalf und schon war ich selbständig. Es muss bei mir etwas mit Autoritäten zu tun haben. Ich lasse mir ungern etwas vorschreiben, sondern möchte mein eigener Heer sein. Das merkte ich insbesondere während meiner Ausbildung. Wenn aus purem Ego des Chefs gute Ideen im Keim erstickt werden und du klein gehalten wirst. Das waren einprägsame Momente.

// Was mit am meisten hilft,
ist die Zusammenarbeit mit prominenten
Persönlichkeiten wie Fußballprofis. //

Auf deiner Website ist deine Handy-Nummer ausgewiesen. Bei wem landet man eigentlich, wenn man da anruft – beim Chef?

Tatsächlich ja. Den Kunden ist das oft gar nicht bewusst. Ich habe alleine angefangen, deswegen ging es zu Beginn gar nicht anders. Und mir war es auch wichtig, der Marke eine gewissen Tonalität mit auf den Weg zu geben. Doch durch das hohe Aufkommen suchen wir nun nach einer anderen Lösung, wollen noch mehr automatisieren und den Kunden eine Transparenz in der Abwicklung ihrer Anfragen ermöglichen. Damit ich mich mehr auf die Weiterentwicklung der Marke konzentrieren kann. Service ist wichtig. Und mir persönlich auch der direkte Kundenkontakt. Um zu schauen, was gut und was schlecht läuft. Doch insbesondere im Service hat Bolzplatzkind noch viel Luft nach oben. Weil er zeitintensiv ist. Auf lange Sicht werde ich dort also nicht mehr persönlich erreichbar sein. Außer natürlich für Fragen abseits des Kundenservices. 

Wie viel Zeit und Mühe steckst du in den Kunden-Service?

Sehr viel. Weil ich die Kunden ernst nehmen möchte, sie sind ein Teil der Marke und des Erfolges. Ich strebe stets eine Kommunikation des gegenseitigen Respekts auf Augenhöhe an. Im Optimalfall bedarf es gar keines Services, weil alles automatisch abläuft. Doch wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Und über Fehler muss man sprechen. 

Warum ich frage: Konntest Du überhaupt über finanzintensive Kampagnen starten, oder bist du allein organisch durch Mouth-to-Mouth gewachsen?

Ich habe quasi mit null Euro angefangen. Und mir durch die Umsätze insbesondere Werbekampagnen bei Facebook geleistet. Die waren sehr erfolgreich. Und ja, die Marke hat sich vor allem unter Fußballern sehr schnell rumgesprochen. Was mit am meisten hilft, ist die Zusammenarbeit mit prominenten Persönlichkeiten wie Fußballprofis. 

Wie muss man sich dein Team vorstellen?

Fest angestellt ist eine Mitarbeiterin. Alles andere sind Kooperationspartner. Eine eigenständige Druckerei mit Fulfillment-Lösung, die monatlich eine Rechnung stellt. Das gleiche mit dem Grafiker, der Buchhaltung und dem Steuerberater. Insgesamt arbeiten in etwa fünfzehn Leute regelmäßig mit. 

 // Bisher war es einfach noch nicht an der Zeit, das Unternehmen abzugeben.
Wo brauchtest du vor, während und nach der Gründung am meisten Support? //

Wo brauchtest du vor, während und nach der Gründung am meisten Support?

Ehrlich gesagt war vor der Gründung das Wichtigste: Das Feedback meiner damaligen Freundin, die mich noch heute berät. Sie hat ein unglaubliches Gefühl für die richtigen Dinge. Und als sie sagte: Ja, das ist gut. Da wusste ich, es ist gut. Das war ein wichtiger Support. Ansonsten bin ich ein Mensch, der viel selber macht. Und vor allem einfach macht, ohne Bedenken. Sodass ich während der Gründungsphase kaum Hilfe benötigte. Außer natürlich bei der grafischen Ausgestaltung, bei der ich einen guten Freund zur Hilfe hatte. Natürlich war es am Anfang auch wichtig, dass Freunde und Bekannte die Marke unterstützen. Die als erstes ein Shirt oder einen Pullover bestellten. Die mir das Gefühl gaben, das Richtige zu tun. Und dann kamen recht schnell die Multiplikatoren. Fußballer, Prominente. Sie haben die Marke richtig gepusht. Das war ein unglaublicher Support, der richtig ehrlich war. Doch seit Gründung bekomme ich den allergrößten Support von meinen Kunden. Nicht nur, dass sie die Produkte kaufen. Sondern auch durch das Feedback, all die Bilder, welche auf unterschiedlichsten Plattformen hochgeladen werden. Fremde Menschen, die sich dein Logo tätowieren lassen. Das sind Dimensionen, die dich tagtäglich glücklich machen und für die ich extrem dankbar bin. 

Was ich mich beim Thema Marketing frage: Wie bekommst du mit deinem Business Reichweite – immerhin musst du dich bei Instagram und Co. gegen dutzende Konkurrenten mit fußballaffinen Inhalten durchsetzen?

Content is king. Das ist nach wie vor Gesetz im Social Web. Und ich denke generell im Leben. Hast du etwas zu sagen oder möchtest du nur Reichweite? Die Menschen merken das. Und was Bolzplatzkind stark macht ist die Kontinuität. Qualität über einen langen Zeitraum. Viele verlieren schnell oder langsam die Motivation, wenn die Interaktion mal ausbleibt. Und was eben auch entscheidend ist: Kreativität. Mit kopierten Inhalten kommt man auf Dauer nicht weit. Man sollte originell sein und auch eine gewisse Lockerheit mitbringen. Da fehlt einigen oft der Mut. 

Welche Marketing-Kanal ist für Dich in Zukunft am wichtigsten?

Meine Hauptmarketingkanäle sind das Social Web und der Kunde, welcher die Marke trägt. Wenn Menschen die Produkte auch zukünftig in der Öffentlichkeit tragen, ist das die beste und wichtigste Werbung. Bei Facebook und Instagram erreichst du zudem unfassbar einfach viele Menschen. Wobei ich dort zukünftig eher auf Instagram setzen würde. Denn Facebook entwickelt sich aktuell sehr stark zur Diskussionsplattform, lässt Kritiker und Nörgler lauter werden. Ich kenne schon einige Leute, die sich von diesem Medium deshalb verabschieden. Und Fußball soll vor allem schön sein, der Bolzplatz etwas Positives. Da macht Instagram derzeit eine echt gute Entwicklung. Ich sehe das auch ein wenig als digitale Revolution an. Weil viele Menschen keine Lust mehr haben, zu meckern und zu nörgeln. Sie verstehen, dass es mehr bringt, sich auf das Positive im Leben zu konzentrieren. Das ist auch meine Einstellung. Und da fühlt sich auch Bolzplatzkind zuhause. 

Welche Marken hast du dir eigentlich zum Vorbild genommen?

Ganz kurz und knapp: Nike und Adidas. 

Wie viele größere Marken wollten dich schon aufkaufen?

Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen. Das Interesse ist groß. Die Menschen sehen das Potenzial in der Marke. Anfragen gibt es. 

Warum hast du abgelehnt?

Bisher war es einfach noch nicht an der Zeit, das Unternehmen abzugeben. Wenn du dir selber etwas aufbaust, machst du keinen Schnellschuss und überlegst dir die großen Schritte ganz genau. 

Welcher Meilenstein war bisher der wichtigste für dich?

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Der erste Monat nach der Gründung. Der September 2015. Denn ich sagte mir beim Start: Wenn ich in den ersten dreißig Tagen dreißig Shirts verkaufe, mache ich weiter. Wenn nicht, höre ich auf. Es wurden sechzig und es ging weiter. Zum Glück. Mein wichtigster Meilenstein. 

Letze Frage: Was war für dich in deiner Laufbahn als Unternehmer die smarteste Entscheidung, die du je getroffen hast?

Tatsächlich einfach anzufangen. Ich hatte in meinem Leben schon viele Ideen, die an der Umsetzung scheiterten. Das kennt wohl jeder. Doch es zu tun, war die smarteste Entscheidung. Ich hatte ja nichts zu verlieren. Ich habe mit ein paar Euros angefangen. Die hätte ich auch versaufen können. Aber ich entschied mich für die Herausforderung Bolzplatzkind.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.