10 Gründe, warum Neumünster Letzter ist!
Mit Ambitionen wie Peer Steinbrück bei der Bundestagswahl startete Regionalligist Neumünster das Projekt „Spitzenkandidat werden“. Doch nach vier Spielen muss man an der Grümmi-Arena erkennen: Der VfR now ist eher Piratenpartei. BTB machte sich auf Fehlerforschung und fand zehn Gründe, warum es in Neumünster derzeit düster wie im Bundeskabinett ist.
Oh weia. Der sonst so dauergrinsende VfR Neumünster stottert in die Saison wie Hamit Altintop im Sky-Interview. Ein Fauxpas folgt dem nächsten und am Ende ist nur noch Kauderwelsch übrig. Heißt in fiesen Fakten: 4 Spiele, 0 Punkte, 2:12 Tore. Dagegen ist eine Schnecke ein Blitzstarter. Und hier kommen die zehn Gründe für den Stotter-Award des Jahres.
1. Der Saisonstart
Mit der Euphorie einer tragenden Jung-Mama startete der VfR ins neue Spieljahr. Zurecht. Nach Platz 6 im Aufsteigerjahr soll schließlich Verbesserung erkennbar sein. Kein Regio-Team bastelte mehr am Kader, kein Team verpflichtete mehr hochkarätige Spieler als Präsident und Großeinkäufer Klusemann. Und es ging ja auch so los: Der VfR wird dieses Jahr eine Spitzenmannschaft sah ein jeder, als sich im DFB-Pokal Bundesligist Hertha BSC Berlin in Überzahl schwerfällig mit 2:3 nach Verlängerung in die nächste Pokalrunde duselte. Alles gut denkste da. Doch dann kam der freie Fall. Vier Niederlagen gegen Mannschaften, die du in Normalform mit sieben Mann dominierst. Und: Statt offensiver Tororgien gab’s das eigene Nest voll. 2:12 Tore, Tabellenletzter. Und auch im Landespokal gab’s gegen Flensburg vor heimischer Kulisse auf die Mappe. DFB-Pokal 2014 ade. Fehlgeburt geglückt.
2. Die Disziplin
Wie ein wilder Bienenstock stechen und fliegen die Spieler derzeit über das Grün – und fleißig von selbigem. In sechs Spielen gab es satte fünf (FÜNF!) Platzverweise (DFB-Pokal, Landespokal und Liga) und vier Elfmeter gegen den VfR – aufgrund unbeholfener Blackouts. Erstaunlich dabei, dass auch ein Routinier wie Keeper Hesse die Fassung verliert und wegen „Sabbeln“ vorzeitig duschen musste.
3. Die verunsicherte Mannschaft
Finn Thomas, seit diesem Jahr der Kapitän des momentan sinkenden Schiffs, flog bereits zu Saisonbeginn einmal aus der Startelf. So kriegt man das Leck natürlich nicht gestopft. Klar, es war auch ein Zeichen an die Mannschaft, dass niemand gesetzt ist, allerdings auch ein Zeichen, dass niemand wirklich Rückendeckung erhält. Immer wieder erwischte es zuletzt Führungskräfte oder Hoffnungsträger, die sich auf der Bank wiederfanden, was in der derzeitigen Phase, wo man Kriegsführer (und vielleicht auch unberechenbare Individualisten wie Ali Moslehe) braucht, ungefähr so sinnvoll ist, wie einem Stier vor dem Kampf die Hörner abzubrechen.
4. Die Neuverpflichtungen
13 Neue – mehr Transferaktivitäten gab es im Leistungsbereich wohl nur beim Bundesliga-Aufsteiger aus Düsseldorf im vergangenen Jahr, welcher dann ja flugs wieder auf der Treppe Richtung Unterhaus stand. Einzig Michèl Harrer (traf immerhin zweimal) konnte bisher zumindest etwas überzeugen. Der Rest weiß dagegen noch nicht wo die linke und rechte Außenlinie ist und irrt wie ein Goldfisch auf Beinen durch das Lamce-Land. Die Konsequenz: Zwölf Gegentore in vier Spielen, weil bei der Abstimmung in der Defensivarbeit derzeit so passt wie zwischen Samy Kuffour und Oli Kahn einst in Frankfurt. Soviele Gegentore hatte man vergangenes Jahr übrigens erst nach dem 11. Spieltag.
5. Die Amtsentbindungen
Und wenn die Kaffeetassen aus Gummi wären, würde man sogar die umkrempeln. Da das aber noch nicht der Fall ist, wird kräftig an allem anderen gebogen. Irgendwie muss schließlich Erfolg her. Der Bankdegradierung von Kapitän Thomas folgte zuletzt die nächste lamcige Laune. Der etatmäßige Elferschütze Hannes Schäfke wurde von seinen Aufgaben entbunden. Und das, obwohl er als James Bond vom Punkt galt. Interessierte den Trainer allerdings soviel wie die Temperaturen in Swasiland. Harrer wurde zum Elfer-Ervin und schoss seinen Strafstoß dorthin, wo nun auch Lamces Idee liegt.
6. Die Verwirrtheit
Kevin Schultz sollte gegen Flensburg ran, war aufgrund einer Pokal-Sperre aber gesetzlich gar nicht dazu berechtigt. Doch entgegen aller verbandlichen Regeln wollte man in Neumünster nichts von Sperren wissen und schob den Mittelfelder in die Startelf. Der machte sich warm, stand im Spielertunnel und freudete dem Revanche-Spiel aus dem Pokal-Aus entgegen, bis Weiches Trainer Dainel Jurgeleit den Finger hob und dem VfR das Schloss hinter dem Namen Schultz aufzeigte. Lamce nahm den Spieler aus dem Kader und bedankte sich artig beim gegnerischen Trainer. Ein Fehler, den man irgendwie allen in die Schuhe schieben muss, und daran auch die momentane Verwirrung festmachen kann. Irgendwie wirken einige mit der Krisen-Situation überfordert.
7. Die Affaire Klusemann-Lamce
Präsident Klusemann und Trainer Ervin Lamce pflegen eine Beziehung wie die van der Vaarts. Wenn es etwas zu sagen gibt, dann über die Presse. Positiv bisher: Keiner macht mit anderen Liebeleien schlagzeilen. Wobei wir da letztes Jahr fast schon angekommen waren, als der Trainer seinen Vertrag nicht verlängern wollte, oder andernfalls der Verein nicht aus dem Knick kam mit einer Angebotsunterbreitung. Aber das wurde ja noch geklärt. Dennoch ist dieses doch sehr emotionslose Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis nicht unbedingt förderlich und wirft vor allem schnell Diskussionen in den Raum, wie wir es in diesem Moment machen. Aber private Entfernung muss im Geschäftlichen ja nicht immer von Nachteil sein. Ist es unserer Meinung aber derzeit, weil es eben auch immer wieder einen Aufhänger für die Medien ist, ob wirklich alles rund läuft. Und doch muss eingestanden werden: Klusemann hält (zumindest öffentlich) weiterhin zu seinem Trainer.
8. Die Philosophie
4-2-3-1, 4-1-4-1, 4-4-2 – irgendwie hat das Team seine Philosophie noch nicht gefunden, weshalb der Coach emsig an neuen Modellen tüftelt. Möglich, dass demnächst gar ein 0190-6-6-6 gespielt wird. Fakt ist, dass momentan alle Systementscheidungen patzen. Zudem gibts auch personell immer wieder fragwürdige Ideen. Zuletzt durfte sich Zugang Ju mal in der Kette probieren, verschuldete aber das 0:1 und konnte sich im Nachhinein nicht einmal erklären, da der Asiate kein Wort Deutsch spricht. Nippon.
9. Die wachsenden Erwartungen
Es wurde eingekauft wie vom Gärtner auf der IGA. Allerdings gab’s statt Orchideen eher die Blumen, mit denen man Katzen aus dem Garten scheucht. „Verpiss-Dich-Blume“ heißt das gute Stück tatsächlich. Nun wollen wir beim VfR soweit nicht gehen, deutlich ist aber auch, dass die Erwartungen des Vorstandes sich noch nicht annähernd mit den Leistungen des Teams decken. Was sowohl an den neuen Kader-Grazien liegt, als auch an den alten Pflanzen der Vorsaison. Dabei wollte der Verein der Liga doch einen Blumenstrauß präsentieren, den jeder Manager gerne im Büro hätte. Nur momentan kommen die scheuen Blümchen mit dem harten Wind, in den sie der Vorstand vor der Saison stellte, nicht wirklich klar und wirkt dürr.
10. Das Gefüge
13 kamen, 13 gingen. Manchmal war es sinnvoll, bei Henrik Giese und Kusi Kwame hätte man aber leichtens eine Vertragsverlängerung anstreben können. Und müssen. Nicht nur, dass zwei wichtige Spielkomponenten fort sind, sondern auch das ganze Gefüge ist komplett umgemodelt. Statt mannschaftlicher Geschlossenheit ist jetzt der Leistungsdruck im Team und jeder versucht seinen Platz zu verteidigen. Klappt’s, ist das Ego gestärkt, klappt’s nicht, wackelt das, was letztes Jahr das Aushängeschild des VfR war: der Teamgeist.
Und nichtsdestotrotz ist sich BLOG-TRIFFT-BALL sicher, dass der VfR wieder strahlen wird. Die Frage ist nur, ob man jetzt vor dem richtungsweisenden Spiel gegen den SC Victoria neue Impulse setzen muss, oder sich auch so alles wieder einrenkt. Was meint die Leserschaft?