„Hansa ist Mein Leben“ – Eine Rezension
Es ist endlich da. Schon vor geraumer Zeit war das Buch „Hansa ist mein Leben“ angekündigt worden. Um es entsprechend mit Bildern auszustaffieren, wurde sogar reichlich Geld von interessierten Hansa-Fans gesammelt. Geld, das sich mit der Veröffentlichung als lohnendes Investment erweisen sollte.
Den Aufnahmen, teilweise rekrutierend aus verstaubten Foto-Archiven von Agenturen und dem Privatfundus von Buchprotagonisten, gelingt es, viele altvergangene Szenen im Gedächtnis mit frischen Farben zu kleiden. Was bei mir in den späten 90ern anfängt, dürfte bei älteren Semestern bis in die 50er-Jahre reichen.
Das Erinnern an alten Zeiten ist ein essentieller Bestandteil des Werkes von Autor Björn Achenbach. Erinnern, das ist im Falle des FC Hansa schön und schmerzhaft zugleich. Bilder eines Timo Langes, der den DFB-Hallenpokal gen Hallenhimmel streckt, Interviews mit Frank Pagelsdorf und Stefan Beinlich, führen uns deutlich vor Augen, was bei uns alle einmal Alltag war. Das Erinnern an glorreiche Zeiten verzückt und betrübt zugleich. Dass das Spaß machen kann, beweist uns das Buch jedoch mit einem stets positiven Lächeln.
Die Interviews, die von Herbert Pankau bis „HipHop-Star Marteria reichen, bilden die Wirbelsäule des engagierten Buchprojekts. Sie sind grundsätzlich solide, in einigen Passagen sogar weit mehr als das. Zitate wie „Marterias“ Anti-Hass Bekenntnis zum FC St. Pauli sind nur einige der vielen Höhepunkte.
Höhepunkte, die vor allem von zwei wahnsinnig interessanten Geschichten initiiert werden. Beispielsweise die von Alt-Ultra Manfred Paschke, der bei „schlechtem Kaffee“ im Repertoire seiner Erinnerungen fischt. Von Achenbach so niedergeschrieben, dass man sich mit an den Tisch gesetzt fühlt.
Größtes persönliches Highlight, den Paschke-Abschnitt gar noch übertreffend, sind die Seiten zum ehemaligen Fanzine „Frösi“, die Achenbach mit viel Passion in der kleinen Hansa-Chronik unterbringt. Ich bin ehrlich: Vor dem Lesen des Buches hätte ich den Begriff „Frösi“ eher als alternativen Friseursalon interpretiert. Große Klasse, die jedoch den Wunsch weckt, noch mehr versteckte Geschichten zu erfahren. Fast schon möchte man, ohne zu kritisieren, fragen, wieso nicht weniger Pagelsdorf, und noch mehr Überraschendes?
Einen Vorwurf kann man Achenbach da nun wirklich nicht machen. Eine Herkulesaufgabe muss es gewesen sein, sich in der Masse potenzieller Gesprächspartner auf eine Besetzung zu einigen, die den meisten Wünschen der lechzenden Leserschaft entspricht.
Kritisieren, auch das übrigens in größtmöglicher Milde, möchte ich nur das Vorwort. Das noch nicht einmal wegen des eigentlichen Textes, der aus der Feder von Michael Dahlmann durchaus zu gefallen weiß. Vielmehr ist es die Auswahl des Einführenden. Die Leistungen und die Persönlichkeit Dahlmanns sind zwar unbestritten, doch hätten einleitende Worte einer „richtigen“ Hansa-Legende noch einladender gewirkt. Es wirkt durch Amt und Würden Dahlmanns ein bisschen zu formal für den Einstieg in die emotionale Reise in Richtung Vergangenheit. Gerade, weil Dahlmann viel mehr die Zukunft als die Retroperspektive präsentiert.
Aber auch das ist Meckern auf hohem Niveau. Denn insgesamt lässt „Hansa ist mein Leben“ keine Wünsche offen. Es ist beeindruckend, wie viel Herz und Leidenschaft zwischen den Zeilen schlummern. Nicht überbordend und dadurch lästig, sondern zu jeder Zeit so dosiert, dass man zu jeder Zeit mitfühlen kann.
Oder um in der Fußballsprache zu bleiben: Ein deutlicher Kantersieg, mit nur kleinen Schönheitsfehlern im Spielaufbau.