Deutscher Meister Ulusoy: „Vom DFB gab es einen Rucksack“
Onur Ulusoy, einer der erfolgreichsten Futsaler Deutschlands, freute sich nur kurz über den Gewinn der Deutschen Futsal-Meisterschaft. Drei Tage nach dem Triumph sagt er: „Auf lange Sicht bekommen wir mit den Panthers Probleme.“ Im Gespräch mit BLOG-TRIFFT-BALL richtete er seinen Blick auf die (noch) unschönen Flecken in der deutschen Futsal-Welt.
Was hat sich nach drei deutschen Meistertiteln für die Hamburg Panthers verändert?
Im Vergleich zu den ersten beiden Titel ist der Hype in diesem Jahr deutlich größer gewesen. Die Haltung der Medien gegenüber Futsal ist positiver geworden. Das war gerade in den letzten Tagen rund um das Endspiel zu spüren. Nahezu alle großen deutschen Zeitungen berichteten über das Finale. Das war vor drei Jahren nicht der Fall. Aber auch die Panthers haben sich entwickelt. Wir haben seit dem ersten Titel 2012 eine Menge gelernt und sind als Team gereift. Das Niveau wurde konstant angehoben. Dazu haben die drei Neuzugänge Stefan Winkel, Onur Saglam und Martin Schröder markant beigetragen. Ihr Dazukommen war wichtig für die Panthers, weil die „Alten“ nun auch wieder mehr investieren. Sportlich sind wir auch für die kommende Spielzeit bestens aufgestellt.
Lohnt sich so ein Deutscher Meistertitel für Euch auch finanziell?
Außer einer vereinsinternen Sponsorenprämie werden wir nichts weiter bekommen. Vom DFB gab es einen Rucksack als Begrüßungsgeschenk.
Angenommen es gäbe eine Siegprämie, 50.000 Euro zum Beispiel, wie würde das Geld bei Euch angelegt werden.
Da gibt es viele Bereiche. Der Aufbau einer Jugendmannschaft zum Beispiel. Bis dato haben wir aber auch keinen echten Trainer, geschweige denn einen Trainerstab. Ich mache das ja nur, weil ich es machen muss. Das ist natürlich nicht die optimale Lösung. Futsal-Fachkräfte kommen nicht nach Hamburg, weil die Stadt so schön ist. Die wollen und müssen Geld verdienen. Wir haben das vor zwei Jahren in Lettland erlebt, als wir auf Profimannschaften aus dem Ostblock getroffen sind. Die betreiben einen enormen Aufwand, vielleicht vergleichbar mit Drittligafußball in Deutschland. Das war imposant. Wir reisen dagegen teilweise mit Jutebeuteln durch Europa und sollen Deutschland vertreten. Ohne Kapital ist einfach jeder weitere Schritt sehr schwer oder gar nicht erst zu stemmen. Und Sponsoren rennen uns auch nach dem dritten deutschen Meistertitel nicht die Türen ein.
Auf europäischer Ebene besteht, im Gegensatz zu den deutschen Mitstreitern, große Konkurrenz. Der FC Barcelona, Kairat Almaty (Kasachstan), Dina Moskau und Sporting Lissabon sind dieses Jahr die führenden Mannschaften im UEFA-Futsal-Cup. Vor allem Barcelona und Kairat gehören laut Ulusoy zu den spielstärksten Teams in Europa „Auf das Niveau kann Deutschland in zehn Jahren auch gelangen.“
Die Zukunft der Hamburg Panthers ist also alles andere als gesichert.
So pessimistisch würde ich es nicht formulieren. Aber der DFB muss mehr tun als ein Endspiel als großes Event zu verkaufen. Das ist zwar ein großes Erlebnis für alle Beteiligten. Aber es ist eben nur ein Event pro Jahr. Nehmen wir nur mal die Viertel- und Halbfinalspiele, wo wir nach dem Abpfiff die Halle selber aufräumen, Bänke abbauen und dafür sorgen, dass alles wieder schick ist. Darüber wird nicht berichtet. Aber eigentlich sieht so der Futsal in Deutschland aus. Und nicht so wie am Samstag Abend in Hagen.
Wo der DFB die große Werbeagentur Jung von Matt/Sports beauftragt hat, einen Imagefilm zu drehen.
Daran sieht man, dass der DFB viel bewegen kann. Wenn sie wollen. Aktuell bewegen wir uns in zwei Welten. Die eine vom DFB hübsch beleuchtete Finalwelt. Und die etwas finstere Ligawelt.
Immerhin: Der DFB bereitet seit März eine deutsche Futsal-Nationalmannschaft vor.
Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber es muss viel mehr passieren.
Zurück zu Euch: Kann das Projekt Hamburg Panthers ohne einen Cheftrainer und einer eigenen Spielstätte überhaupt noch wachsen?
Auf lange Sicht bekommen wir Probleme. Noch geht es gut, weil wir einen außergewöhnlichen Zusammenhalt aufbauen konnten. Daraus schöpfen wir viel Kraft. Aber ohne Fundament werden wir die Ergebnisse nicht halten können. Wenn wir in drei, vier Jahren aufhören, die Meisterschaften Geschichte sind, dann löst sich der Spitzenfutsal in Hamburg eventuell wieder in Luft auf. Deswegen sehe ich uns in Zugzwang.
Die Hamburger Futsal-Liga wird bislang in einer äußerst bescheidenen Turnhalle in Steilshoop ausgetragen. Da geht freiwillig niemand hin. Auch blöd.
Ein großes Problem, keine Frage. Wir spielen da ja mehr oder weniger unter uns. Manchmal schauen ein paar Freunde oder Eltern zu, aber mehr als 30 Leute sind selten in der Halle. Eine Idee, oder eine riesen Option, wäre, die Futsal-Spieltage in der Wandsbeker Sporthalle auszutragen, inklusive Training. Noch so ein Problem. Wir haben ja nicht mal eine feste Trainingsstätte. Wir treffen uns mal hier und mal dort. Wie jeder Fußballverein bräuchten wir eine Heimat, einen festen Standort. Das wäre ein riesen Schritt nach vorn, und für alle Futsal-Interessierten in Hamburg auch deutlich attraktiver.
Eine Abkehr aus Steilshoop ist undenkbar?
Im Gegenteil. Es ist sogar beschlossen, dass die kommende Futsal-Saison in anderen Stadtteilen ausgetragen wird. Unter anderem in Altona und Bergedorf. Einerseits hilft uns das, da die Spiele nicht mehr nur in Steilshoop stattfinden, andererseits wird sich ein fester Futsal-Standort so auch nicht etablieren.
Vom 25. bis 30. August stehen für Euch erneut Auftritte im UEFA-Cup an. Jetzt war auf den Hotelfluren zu hören: Ihr wollt Euch als Gastgeber und Austragungsort bewerben. Wie soll das gelingen?
Ja, wir wollen internationalen Futsal nach Hamburg holen. Dem Hamburger Fußball Verband haben wir diesen Wunsch bereits dezent mitgeteilt. In Kürze wollen wir die Gespräche intensivieren. In der Wandsbeker Sporthalle hätten wir einen passenden Standort für eventuelle Euro-Spiele. Wenn das klappt, wäre das riesig für den Futsal in Hamburg und Deutschland.