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Die Sache mit dem Hund dem Haufen

Am Wochenende verlor Holstein Kiel mit 0:4 gegen Mainz II. Für das erfolgsverwöhnte Kieler Publikum ein kleiner Schock, für Trainer Neitzel ein Ärgernis. Wir haben nachgefragt.

Foto: calcio-culinaria.de

Das 0:4 von Holstein Kiel gegen die U23 von Mainz 05 war nicht nur ein großes Debakel, sondern die schwerste Niederlage seit über einem Jahr, als man damals in den Abstiegswirren des Spieljahres 2013/14 vom VfL Osnabrück ebenfalls mit 4:0 abgeschossen wurde.

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Seitdem verlor Kiel seltener, und  das, wenn überhaupt, meistens äußerst knapp. Der erste Spieltag war demnach ein besonders bitterer aus Kieler Sicht.

Das bedeutete aber auch: Reichlich Nachholstoff für das Kieler Personal. Gerade bei den ersten beiden Gegentreffern passte es in Ordnung und Zusammenspiel überhaupt nicht, Abläufe wurden unsauber umgesetzt, teilweise spielten einzelne Kieler zwar engagiert, aber im Endeffekt aneinander vorbei. Die Quittung: Zu Wochenbeginn wurde bei den Schleswig-Holsteinern fleißig gepaukt. Neitzel bildhaft gegenüber BLOG-TRIFFT-BALL: „Es ist wie mit einem Hund. Wenn man ihn erziehen möchte, muss man auch mal die Nase zum Haufen führen. Ihm zeigen, was er falsch gemacht hat, damit er es beim nächsten Mal besser machen kann.“

Selbstverständlich waren die pädagogischen Maßnahmen, die Neitzel zu Wochenbeginn ergriff, etwas stubenreiner. Eine große Analyse mit der Mannschaft, zudem Einzelgespräche mit Spielern, in denen individuelle Fehler detaillierter besprochen wurden. Neitzel betont aber, dass die Aufarbeiten keineswegs besonderer Natur gewesen seien. „Natürlich sensibilisiert das Ergebnis. Aber wir haben nicht anders aufgearbeitet als nach einem 1:0-Sieg oder einem Remis.“
Während in Kiel-Projensdorf der herbe Rückschlag zum Saisonauftakt erst verdaut, und nun auch verarbeitet wurde, sind die Fans noch um die richtige Einordnung bemüht. Nach dem Ende des Spiels äußerten sich Fans unterschiedlich, vorsichtige Beschwichtigungen aber auch ein bisschen Panik wechselten sich munter ab. Ein 0:4, so eine Äußerung, könne ja gerade zu Saisonbeginn passieren, aber ausgerechnet gegen Mainz II? Neitzel will sich dazu nicht äußern, sagt nur: „Wir suchen nicht nach Ausreden, sondern fassen uns an die eigene Nase.“

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Dabei traten die Mainzer, die in der letzten Rückrunde von den letzten zehn Spielen nur noch zwei Partien verloren hatten, mit einigen Spielern aus dem erweiterten Dunstkreis der Profis an.

Während Chinedu Ede, der als Bundesligaprofi den sechs- bis achtfachen Monatssatz eines Besserverdieners in Kiel erhält, im Mittelfeld wirbelte, wurden die Kieler besonders von Mittelfeldmann Pflücke beeindruckt. Dieser sezierte immer wieder Lücken im Spiel des Fast-Aufsteigers aus dem Vorjahr und verdiente sich bei den Holstein-Verantwortlichen das ein oder andere, aber nur im Stillen ausgesprochene Lob.

Mainz 05 – vielleicht eine bessere Mogelpackung? Selbst wenn – das 0:4 kann auch davon nicht gerechtfertigt werden, funkt es aus Projensdorf.

In Kiel selbst wird ob der Niederlage natürlich über das Personal diskutiert. Besonders die Hintermannschaft wurde ob der deutlichen Klatsche in sozialen Netzwerke hinterfragt, auch wenn entscheidende Fehler schon weit vor der Viererkette begangen wurden. Karsten Neitzel deutet jedenfalls keine Rundumveränderung an: „Wir würden wieder genauso aufstellen, wenn wir wieder in der Situation vom Samstagmittag vor dem Mainz-Spiel wären.“ Der Trainer erklärt weiter: „Ich habe vertrauen in die Jungs, und das hängt nicht nur an einem einzigen Spiel.“

Diskussionen gibt es aber weiterhin. Zum Beispiel, warum Hauke Wahl, um den sich im Sommer Wechselgerüchte rankten, nur die Ersatzbank blieb. Auch vor dem Hintergrund, dass es am Samstag gerüchtete, das U21-Nationaltrainer Hrubesch eigens zur Wahl-Beobachtung angereist war. Neitzel zu diesem Thema: „Wir haben drei Innenverteidiger, die sich auf einem hohen Niveau bewegen. Ich habe mich für Dominik und Denis entschieden. Hauke hat aber selbstverständlich weiterhin alle Chancen, einen der beiden zu verdrängen.“

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Zweites Diskussionsthema: Torhüter Niklas Jakusch, der ein bitteres Drittliga-Comeback feierte, intern aber Rückendeckung erhielt. So wurde dem Back-Up ein gutes Spiel attestiert, das nur vom vermeidbaren 0:3 getrübt wurde. Bei Kenneth Kronholm, dessen Verletzung sich zieht, besteht ob des Vertrauens zu Jakusch demnach kein Grund zur überzogenen Eile, die medizinische Abteilung erhält demnach keinen besonderen Druck. „Wir schätzen die Arbeit der medizinischen Abteilung sehr“, so Neitzel sparsam.

In Kiel herrscht demnach größtenteils Ruhe, die Niederlage wird zumindest bei den involvierten Personen als Punktspielniederlage, nicht aber als besonderes Debakel rezipiert. Gegen den Hallenschen FC steht der Störche-Express dennoch unter Druck. Weil es nicht nur um Punkte, sondern wohl aufs Neue um die Gunst des Kieler Publikums geht.

Knapp 5400 Zuschauer beim ersten Heimspiel – für den einen oder anderen war der Besuch trotz des wenig prominenten Gegners und der erneuten Preiserhöhung für die Stadion-Tickets eine kleine Enttäuschung. Es geht an der Förde wohl ganz von vorne los. Kopfnicken bei Neizel, der abschließt: „Am besten mit einem Erfolg in Halle.“

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Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.