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Außen ist die Achillesferse des HSV

Pünktlich zum Halloween-Wochenende hat der HSV seine Fans mal wieder das Fürchten gelehrt. Zwanzig gruselige Minuten in einem ansonsten relativ guten Auftritt reichten, um einen im Grunde sicheren Sieg gegen ein schwaches Hannover 96 aus der Hand zu geben und am Ende mit leeren Händen dazustehen. Resultierend daraus hat der HSV den Abstand zu Platz 16 nicht auf neun Punkte anwachsen, sondern auch nur noch vier Punkte schmelzen lassen.

Foto: Torsten Helmke

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Elf Spieltage sind Geschichte, ein knappes Drittel der Saison ist damit gespielt – nach diesem bitter-süßen Auftritt ist für mich der perfekte Zeitpunkt gekommen, darüber zu sinnieren, wohin der Weg meiner geliebten Rothosen denn möglicherweisen führen könnte.

Derzeit steht der HSV mit 14 Punkten auf Platz zehn. Im Vergleich zur Vorsaison ist das eine deutliche Verbesserung, stand seinerzeit doch lediglich Platz 17 mit nur neun Punkten zu Buche. Auch das Torverhältnis hat sich positiv verändert. Vor einem Jahr hatte der HSV nach der elften Runde gerade mal klägliche vier Treffer erzielt, aber 14 kassiert. Aktuell steht er bei zehn geschossenen und 15 eingefangenen Toren. Kurzum: Statistisch gesehen hat sich in Hamburg einiges zum Guten verändert, ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist getan.

Das Schöne daran ist: Auch auf dem Feld ist zu erkennen, dass es bergauf geht. Damit will ich nicht behaupten, dass der HSV imstande ist, oben anzugreifen. Mitnichten. Aber: Es ist schwerer geworden, gegen ihn zu gewinnen. Gerade in der Vorwärtsbewegung hat er deutlich zugelegt. Man erinnere sich: Noch in der Vorsaison war es im Grunde Hohn, den HSV und das Wort „Vorwärtsbewegung“ in einem Satz zu nennen. Denn bewegt wurde sich wahrlich nicht zu viel. Seit Trainer Bruno Labbadia in Amt und Würden ist, scheint die Laufbereitschaft aber deutlich zugenommen zu haben. Hinzu kommt, dass – Entschuldigung – Fußballverwalter wie Rafael van der Vaart keine wichtigen Plätze im Mittelfeld mehr blockieren. In der hinter uns liegenden Transferphase hat der HSV sein Augenmerk offensichtlich auf das Mittelfeld gesetzt – und lag damit goldrichtig. Statt „vdV“ versuchen sich nun schnellere und technisch mindestens ebenso versierte Spieler wie der inzwischen leider schwer verletzte Albin Ekdal und Michael Gregoritsch, während sich herauskristallisiert, dass Lewis Holtby, der eigentlich für das offensive Mittelfeld eingekauft wurde, seine Qualitäten auf der Doppelsechs viel besser ausspielen kann.

Und dann ist da noch Aaron Hunt. Ein Linksfuß, nicht der Schnellste auf dem Platz, wenn man so will: Ein van-der-Vaart-Äquivalent. Doch es gibt Unterschiede zum kleinen Engel: Hunt kann lange, millimetergenaue Pässe schlagen, versprüht zudem Torgefahr. Er ist schwer auszurechnen. Ein Spielmacher mit diesen Fähigkeiten fehlte dem HSV seit Jahren. Insofern halte ich auch diesen Transfer für gut und richtig, eröffnen sich Labbadia nicht zuletzt durch diesen Einkauf im Mittelfeld eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten (immer vorausgesetzt, die Spieler sind nicht verletzt…).

Leider können unsere Außenspieler in meinen Augen nicht ansatzweise mit ihren zentralen Mitspielern mithalten – und das gilt sowohl für die Defensive als auch für die Offensive. Aus Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier wird nie ein guter Fußballer werden. Bälle anständig annehmen kann er jedenfalls nicht, und mehr als Quer- oder Rückpässe zu Johan Djourou fallen ihm auch nicht ein. Und nach vorn? Ja, er versucht, sich einzuschalten. Aber es kommt nichts Zählbares dabei heraus, wenn gleich ihm in den letzten drei Partien mehr gelang als je zuvor.

Auf der linken, hinteren Seite haben wir Matthias Ostrzolek, der nur deshalb andauernd von Beginn an ran darf, weil Gotoku Sakai noch gar keine Rolle spielt. Eine Reihe weiter vorn versuchen sich Nicolai Müller und Ivo Ilicevic gegenseitig zu übertrumpfen, wenn es darum geht, sinnfreie Dribblings zu starten. Oft genug sind die Außen die Achillesferse des HSV — hier sollte Sportdirektor Knäbel als nächstes den Hebel ansetzen. Und tatsächlich gab es in den vergangenen Wochen auch schon das eine oder andere Gerücht, um wen sich der HSV denn bemühe. Angesichts der prekären Finanzlage, in der sich der Klub befindet, kursieren so bekannte Namen wie Pione Sisto, Leandrinho und Max Dittgen. Nun denn.

Auch über einen etwaigen Transfer Timm Kloses vom VfL Wolfsburg zum HSV wird spekuliert. Der 27-jährige Innenverteidiger kommt bei den Wölfen nicht mehr zum Zug. Ein Mann dieser Qualität würde dem HSV sicher gut zu Gesicht stehen, gerade vor dem Hintergrund, dass Emir Spahic schon 35 Jahre alt ist und Cleber noch immer nicht die erhoffte Verstärkung geworden ist.

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Apropos Verstärkung: Sven Schipplock sollte auch eine werden, konnte seine (hoffentlich vorhandenen) Torjägerqualitäten aber noch nicht unter Beweis stellen. Das beste Beispiel hierfür lieferte er – und da schließt sich der Kreis zum Halloween-Wochenende wieder – gegen Hannover. Da versemmelte er ein „todsicheres“ Ding zum vorentscheidenden 2:0, der Gegenzug führte zum Elfmeter und leitete die unschöne Wende ein.

Im Grunde muss man Schipplock aber eigentlich dankbar sein. Angesichts des bisherigen Saisonverlaufs beziehungsweise der bisherigen Punktausbeute las ich mehr als einmal von Fans, die schon wieder von Europa schwadronierten. Hätte „Schippo“ also getroffen, hätte dieser Treffer all denen, die vom internationalen Geschäft träumen, Hoffnung gegeben.

So mussten diese schließlich realisieren, dass der HSV eben doch noch nicht so weit ist. Stattdessen geht es weiterhin gegen den Abstieg – das aber aus einer weit besseren Position als in den vergangenen zwei Jahren, nämlich ein paar Punkte vor der Konkurrenz, nicht dahinter. Zum dritten Mal den Rivalen hinterherhecheln zu müssen wäre aber auch zu gruselig.

Sascha Rebiger