Liveticker: Münzchen trifft Tresor 0:3
Holstein Kiel spielt mit den erfolgreichsten Fußball in der Regionalliga Nord. Der SC Victoria tut meistens das, was ein überforderter Aufsteiger tun muss: Verteidigen, das Spiel seines Lebens spielen und hoffen. Am Freitagabend kam es zum ungleichen Duell, das wir beinahe David gegen Goliath getauft hätten. Taten wir aber nicht. Und das war okay so.
20.44 Uhr: Und dann ist das ungleiche Duell überpünktlich zuende. 0:4, ääh, 0:3 gewinnt das fussballholsteinische Aushängeschild in der Hansestadt. Wir entschuldigen uns für Etat-Einträge und loben Kiel für eine souverän eingesammlte Drei-Punkte-Tour nach Hamburg. Guten Abend, gute Besserung.
87. Minute: Hoppla. Warum Stadionsprecher Peter Kraft soeben das 0:4 durchsagt, wird sein Geheimnis bleiben. Und nochmehr, warum er dann auch noch einen falschen Torschützen nennt. Bevor Ronald Lotz die Kündigung unterschreibt, nimmt der Mann die Ansage zurück. Blöd, diese Live-Spiele am Freitagabend.
86. Minute: Würde es Punkte pro Halbzeit geben, die Hamburger hätten sich bis hierhin einen redlich verdient. Weil sie den Schaden nämlich in Grenzen hielten im zweiten Durchgang. Bis Monsieur Platini das allerdings beschließt, ist Victoria wohl zwischenzeitlich schon 30 ab- und wieder aufgestiegen. Wie dem auch sei. Zweite Halbzeit steht’s 0:0. Auch, weil Kiels nächstes (zweites) Abseitstor zurecht nicht gegeben wird.
82. Minute: Heidi-Heida, Herr Heider. Das muss man erstmal schaffen, aus einem Meter den Ball über die Wolken zu hauen. Glück für Vicky. Pech für den, der den Ball holen muss.
80. Minute: Zehn Minuten vor dem Ende müssen wir gnadenlos anprangern, dass die Victorianer in Vorbereitung auf den Gegner lieber eine Videoanalyse mit Celtic gegen Barca hätten machen sollen. Und nicht drei Folgen „Verliebt in Berlin“.
77. Minute: Normalerweise loben wir dieses vergurkte Wetter ja zu dieser Jahreszeit nicht. Aber was der Wetter mit der Kieler 17 auf dem sonnigen Buckel da heute abzieht, ist Note Eins. Defensiv unüberwindbar, offensiv immer wieder präsent. Stark, was der Rechtsverteidiger hier anbietet. Weiter 0:3 und kein Glühwein.
73. Minute: D’urso darf sich präsentieren und Neu-Neumünsteraner Kim Helmer galopiert jetzt ebenfalls über die Wiese. Brüning und Trimborn gehen dafür in die Doppelduschkabine.
69. Minute: Victoria ist stinkesauer auf Marcel Schied. Der darf in diesem Moment nämlich ins Wochenende und wird durch Andy Hebler ersetzt. Die Victorianer müssen noch 20 Minuten keuchen. Das Leben kann so unfair sein.
62. Minute: Und Lucassen ahnt den Heider-Schuss ins rechts Eck und pariert bärenstark. Ecke. Verpufft. Weiter 0:3.
62. Minute: Elfmeter Kiel! Siedschlag fädelt im One-on-One gegen Lucassen ein und zieht geschickt und zweifelsfrei den Penalty.
61. Minute: Freut uns. Deran Toksöz kommt für Kazior.
58. Minute: Holstein verdallert in den letzten sechs Minuten die Angriffe zu leichtfertig und schenkt 20m vor dem Tor die Gefahr bringenden Pässe ab. Was dann letztlich so aussieht, als stünde Vicky besser im Defensivverbund. Der fortgehenden Überlegenheit der Gäste tut das aber nichts zur Sache. Weiter 0:3. Weiterhin völlig berechtigt. Müssen auch offiziell bestätigte 1117 Zuschauer so sehen.
52. Minute: Kollege Semmler bestaunt die nächsten geilen Angriffe. Allerdings auf pornhub.com. Hier hingegen bewundern wir jetzt, dass Victoria auf Dreierkette umgestellt hat. Die steht allerdings hinter den vier Verteidigern. Die Kieler Spieler interessierts recht wenig, würden wir mal behaupten. Es bleibt bei 87 Prozent Ballbesitz und einem entspannten Freitagsspaziergang über Hamburgs Hoheluft.
46. Minute: Weiter geht’s! Raab gegen Halmich läuft wieder. Wobei der in Gelb gekleidete Regionalliga-Entertainer aus Hamburg schon ordentlich Platzwunden an der Rübe hat. Nun ja, beäugen wir mal die zweite Kampfhälfte.
45. Minute: Demonstration. Übergewalt. Die Panzerknacker gegen Dagobert. 0:3. Wobei man auch sagen muss, dass Kiel alle Chancen sofort einnetzte. Und das ist ja eigentlich das, was du als Underdog hoffen musst. Nämlich das der FC Bayern der Regio auch mal mehrfach versiebt und man so im Spiel bleibt. Holstein ist allerdings hellwach, saueffizient und der Startanzug der Kieler drei Kleidernummern zu groß für die Vicky-Schüler. Pause.
39. Minute: Toooor! 0:3. Schied. Nach einer Links-Ecke steht der kleine Mann am zweiten Pfosten und nickt ein. Huijuijui. Im Sommer stand’s zu diesem Zeitpunkt zwischen Oberligist Norderstedt und Kiel noch 0:0.
36. Minute: Aus dem „Kieler-Nachrichten-Liveticker“, Minute 30 etwa: „Trotz der Kieler Führung hält Hamburg an seinen zwei Fünferketten fest und macht keine Anstalten, hier in irgendeiner Weise mitspielen zu wollen.“ Ja liebe Kollegen, wo lebt ihr denn? Wenn ihr als Azubi gegen euren Chef spielt, und der 6000,00 Euro mehr verdient, macht ihr dann auch noch Überstunden und geht mit breiter Brust ins Büro?
32. Minute: Das Einzige, was bei Victoria rund läuft, ist der Gelbgesperrte Benni Hoose. Der musste nämlich vor Debakelbeginn (?) ums Krankenhaus hetzen und Runden drehen. Auf dem Platz stehen dagegen elf Hoheluftler, die kreuz und quer rennen, links und rechts wenden, nicht an die Kugel kommen und schlussendlich keinen Stich sehen. Müssen wir einfach mal so analysieren und akzeptieren.
26. Minute: Tooooor! 0:2! Flanke vom linken Angriff, Schied legt wie Gomez in Valencia, allerdings mit dem Kopf, eine Adresse weiter und und Tim Siedschlag volleyed aus 13m unter Lucassen ins Fischnetz. Die Betonmeisterei Victoria geht in diesem Moment sportlich in 64 verbleibende Minute Insolvenz.
20. Minute: Tooooooooor! Vorausgegangen ist ein schicker Vicky-Querschläger und dann kommt Schied, 8m vor dem Gehäuse, an den Ball und quert auf Heider. Der schiebt aus 3m sicher und unbedrängt ein. 0:1. Völlig, aber auch völlig verdient.
15. Minute: Um mal den Münzchen-Tresor-Vergleich mal mit Zahlen zu untermauern: Vickys Etat dürfte bei gutem Wetter bei knapp 200.000 Euro liegen. Der Holsteiner pumpt über zwei Millionen (oder sogar über drei?) ins Projekt viertklassiger Fußball auf dem Land.
13. Minute: Riesenchance Victoria! Na gut, war nur ein brandgefährlicher Pressschlag von Keklikci im Kieler Sechzehner. Aber: Immerhin!
10. Minute: Viel geht bei Holstein Kiel über die rechte Seite. Das hat zur Folge, dass Vickys Trainer Lutz Göttling umstellt, den „Angriff“ auflöst und jetzt drei Linksverteidiger gegen Geflügelstorch Patrick Herrmann ansetzt.
8. Minute: Gönnen uns mal eine sportliche, halbwegs seriöse Anfangsphasenanalyse. Et voila, der SC Victoria ist spielerisch klar unterlegen, aber zumindest im Spiel. Der Storch hat 89 Prozent Ballbesitz und Vicky knapp weniger.
5. Minute: Riese! Lucassen pariert einen Schied-Schuss aus der Nahdistanz. Kollege Semmler sah gar einen Lattentreffer. Und der hat jetzt Glühweinverbot.
3. Minute: Früh zu erkennen, Vicky setzt auf die “Blondinen im Türkei-Urlaub”-Taktik. Alles dichtmachen. Alles.
1. Minute: Spiel läuft.
So gehen die Teams auf Punktejagd
SCV: Lucassen, Brück, Keklikci, Sobczyk, Rabenhorst, Schumann, Trimborn, Stilz, Sachs, Pedroso-Bussu, Brüning
KSV: Jensen, Hartmann, Johansen, Wetter, Herrmann, Siedschlag, Kazior, Krause, Heider, Schied, Müller
18.56 Uhr: Die Vicky-Spieler versammeln sich allesamt im Strafraum und üben bollwerken. Bis wir merken, dass das eigentlich die bolzenden Balljungs sind, ist der Glühwein schon in der Birne angekommen. So, gleich geht’s los. Blog’n Roll, und wehe hier fallen nicht mehr als acht Tore. Auf geht’s!
18.48 Uhr: Die Regionalliga zieht! Und wie. Gute 800 Schaulustige sind wohl schon vor Ort. Doof für Victoria: Die Hoheluft wird zum Storchennest. Die Kieler besetzen nicht nur die Haupttribüne, sondern auch die Gegengerade. Da wirkt der Nord-Kaos-Bereich, als planen sie einen Boykott. Übrigens auch hier: Hannover-Coach Valerien Ismael, Flens‘ Daniel Jurgeleit, die Queen, H.P. Baxxter, die Schlümpfe (stehen im Vicky-Block) und Florian Silbereisen singt die Regionalliga-Hymne. Noch acht Minuten und in der Zeit senden wir Grüße ans Holstein-Forum! Hallo ihr Halunken!
18.34 Uhr: Ein paar Fanstörche echauffieren sich über das Funzellicht. Wir schlichten: „Gewöhnt euch nicht dran. Zum Spielbeginn drehen die noch 18 Birnen raus und erhöhen so ihre Siegchancen.“ Apropos Chancen. Zehnerquote auf einen Vicky-Heimsieg bei mybet.de. Dürfte historisch sein. So eine Quote hatte im Sportbereich zuletzt Raab gegen Halmich.
18.24 Uhr: Die Kieler Gang ist komplett in Bewegung und tritt den Rasen tief. Von Victoria ist indes noch nichts zu sehen. Man munkelt, dass die Göttlinge in der Kabine noch „Mensch-ärgere-Dich-nicht“ spielen und sich auf die bevorstehende Haue vorbereiten. Zum Drumherum: Glühwein kalt, das Vereinsheim erinnert an eine Stromberg-Kegel-Veranstaltung und platzt aus allen Nähten, die Kieler Anhänger drängeln sich in den Block und Fabi Lucassen traut sich als Erster raus.
18.07 Uhr: Hohoho! Von wegen Münzchen trifft Tresor, Kollege Semmler. Die Gastgeber haben kräftig investiert in dieses Derby (ist doch eins, oder?). Zwar nicht in Spieler, dafür aber in ähnlich wichtige, wenn nicht sogar wichtigere, Utensilien. Vom Barriere-Rand auf der Haupttribünenseite beschallt uns nämlich eine neue Musik-Anlage. Das Ding hat mehr Bass als die Boxen auf dem Hurricane und bumst lauter als Kollege… Ähh, lassen wir das. Sieht und hört sich auf jeden Fall teuer an. So, holen kurz Kaffee-Korn plus Knackwurst und dann geht’s hier weiter. Biss gleich.
17.57 Uhr: Der Kachelmann in uns wurde bei der Anfahrt schon wieder unruhig, als hätte eine verflossene Ex Anklage wegen Fummeln erhoben. Schuld war dieser Regen, der zwei Stunden zuvor vom Himmel platzte. Der scheint die Partie aber nicht bedrängeln zu können. Die Luft ist wieder tropfenfrei, 7° steigt das Quecksilber, der Rasen ist bundesligamäßig abgeduscht und somit steht dem Kick nichts im Weg. Pech für Vicky.
17.52 Uhr: Dingdong und herein spaziert! Kollege Jurkschat fröstelt sich in diesem Moment ins Hoheluft-Stadion rein und wippt bei housiger Masterblaster-Mucke dem Anpfiff entgegen. Herzlich Willkommen zum Regio-Schmankerl SC Victoria – Holstein Kiel.
Ein dicker, fetter, schwerer, klobiger Geldtresor trifft auf die graue Jogginghosentasche mit drei 20-Cent-Münzchen. Jo. Jo. Jo. Holstein Kiel und der SC Victoria. Warum dieses Duell keins werden wird, darauf gibt’s mindestens 50 Antworten.
Aber tatsächlich könnte das Match am Freitag für die Mannen von Victorias Cheftrainer Lutz Göttling das leichteste Spiel des Jahres werden, mal abgesehen vom Testspiel gegen die eigene zweite Mannschaft irgendwann im Sommer. Wer rechnet schon mit irgendwas, geschweige denn mit Zählbarem. Allein die tippfreudige Fangemeinde auf facebook.com/blogtrifftball kullerte sich bei der Ansetzung vor Lachen und sah gar nicht mal selten ein 0:7 voraus.
Klar ist, der SC Victoria wirft wie so oft seinen Mannschaftsgeist aufs Geläuf. Dazu ein bisschen Roger Stilz. Und ausnahmsweise keinen Benny Hoose, der ist gelbgesperrt. Auch das noch …
Die Kieler werden dagegen mit Spielern nach Hamburg City reisen, deren Monatsgehälter locker den gesamten Vicky-Tross (23 Spieler plus Trainer), plus Heimspielpersonal (Ordnerboys, Kassenchicks, Bierladies…), plus Flutlichtkosten und und und, finanzieren würden. Unter uns: Von fünfstelligen (fünfstelligen!) Monatsbeträgen ist da die Rede.
„Aber das ist nun mal so und wir haben Spaß daran“, lässt ein abstiegsbedrohter Göttling furchtlos wissen. Bleibt aus Sicht der schon vor dem Spiel völlig unterlegenen Hausherren nur zu hoffen, dass das Hamburger Publikum sich im Zweifelsfall für das Derby Germania Schnelsen gegen den Niendorfer TSV entscheiden wird. Und die Schmach von Lokstedt somit unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird.
Achja, Kollege Jurkschat wird sich der Sache hier ab 19 Uhr mit allen Details annehmen. Bis dahin!