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Kiels Bornemann: „Die Mittel sind endlich“

48 Minuten mit Kiels Andreas Bornemann. Unter vier Augen. Ohne störende Anrufe und mit einigen Gesprächsthemen. Das war mal was.

 

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Wir wollen und werden mit Kiels Sportleiter Andreas Bornemann zu Beginn des Gesprächs über Geld reden. Immerhin wird der Kieler Fußballbetrieb seit Jahren mit vielen Scheinen angetrieben.

Wir sitzen im ersten Stock der modernen Geschäftsstelle und haben es uns im verglasten Büro von Andreas Bornemann bequem gemacht. Wie allerorts üblich trinken wir Kaffee aus einer modernen Kaffeemaschine. Auch Kekse sind im Angebot.

Der Fußballmanager, der beim SC Freiburg an der Seite von Volker Finke viele Kniffe seines Berufs erlernte, ist trotz der Ausnahmerolle seines Vereins kein sich selbst schulterklopfender Töser. Zwar sagen ihm verschiedene Kieler einen gelegentlichen Hang zum Glamour nach, heute ist er normal und bemüht sich um Augenhöhe.

Wir legen los und probieren es mit einer kleinen Provokation. „Wann ist Kiel pleite?“ will ich wissen. „Das wird so schnell nicht passieren“, sagt Bornemann. Einen prüfenden Blick auf die letzten Auszüge des Vereinskontos spart er sich. Er weiß. Den Kielern geht’s gut.

Woanders hängen sie am Tropf. Und wie lange der eine oder andere Verein noch beatmet werden kann, wer weiß das schon so genau. Bornemann wundert sich indes und sucht mit uns nach Antworten. „Viele Vereine stehen unter Druck und wollen aus der Tradition heraus zurück in den Profifußball und kalkulieren mit Optimismus.“

Es ist das Prinzip „Viel zu viel Risiko, wenig Erfolg“, was Andreas Bornemann ausgemacht hat. Und er erkennt: „Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Anforderungen, und damit auch die finanziellen Belastungen doch deutlich herunter geschraubt worden. Insofern überraschen mich die Lücken in einigen Etats.“

Ein Problem hat Bornemann mit dem bisweilen verbreiteten Zaster-Image, das seinem Verein hier und da angeschmiert wird. „Unsere Mittel sind endlich“, betont er darauf. „Nur haben wir einen Profibetrieb, und das der teurer ist als das Betreiben einer Mannschaft, die nur nach Feierabend trainiert, das dürfte jedem klar sein“, verdeutlicht er den Unterschied zu anderen Teams.

Schließlich soll der hundertfach zitierte Plan von Liga 3 endlich umgesetzt werden. Denn „wir wollen und können uns nicht mit Cloppenburg oder Victoria Hamburg vergleichen. Wir möchten, nein wir müssen uns mit RB Leipzig, Hessen Kassel und Viktoria Köln messen. Das sind die Mannschaften, gegen die wir uns durchsetzen müssen, wenn wir am Ende aufsteigen wollen.“ Finanziell und sportlich ohnehin.

Die Tingelei zwischen Rehden und Flensburg empfindet Bornemann trotzdem nicht als lästig. Sagt er zumindest. Zu einhundert Prozent glauben kann ich es ihm natürlich nicht. Den Reiz der Regionalliga – im Wesentlichen zieht er ihn aus der ständigen David-Goliath-Konstellation. „Viele Vereine haben Spaß daran uns ein Bein zu stellen. Und ein Spiel gegen Holstein Kiel ist für viele Gegner ein Highlight,“ phrast der Störchechef, der normalerweise eher selten zu ausgelutschten Phrasen greift.

Womöglich muss man ihm in diesem Punkt zustimmen.

Doch wie viel Geduld bringen die starken Partner und Großsponsoren Citti Park und Famila auf, die ja mittlerweile seit Jahren das Fußballprofi-Projekt Holstein Kiel mit viel Geld stützen und sichern.

„Es gibt keinen Druck der genannten Unternehmen, sondern wir erfahren eine breite Unterstützung von vielen Partnern“, sagt Bornemann entspannt. „Aber wir machen auch keinen Hehl daraus, dass wir die Liga verlassen wollen. Jeder, der sich mit Fußball auseinandersetzt, und das tun die Verantwortlichen der Unternehmen, weiß, dass auch der lange Weg zum Erfolg führen kann. Und In aller Regel ist es dann auch nachhaltiger als ein kurzfristiges Nach-oben-Preschen.“

Es gab Zeiten rund um das Holstein-Stadion, da tickte der tierische Traditionsverein anders. Und daran erinnert sich auch Bornemann und textet im Diplomaten-Sprech: „Wir haben vor ein paar Jahren die Herangehensweise etwas geändert und arbeiten jeden Tag für das Ziel auf der bundesweiten Fußballbühne zu landen.“

Themenwechsel: Vor neun Jahren lotste Bornemann Jonathan Pitroipa aus Burkina Faso in den Breisgau. Und auch später verpflichtete er mit Vorliebe Afrikaner für den Sportclub. Heute ist er vom smarten Nachbarn aus Dänemark angetan. In den vergangenen Monaten transferierte Bornemann gleich zwei Spieler aus dem wenig entfernten Norden. Hamza Kizil und Casper Johansen.

Denn: „Ich persönlich mag die Mentalität der Skandinavier. Diese Jungs muss man mögen. Zudem sind sie durchweg Teamplayer und hatten in der Schule häufig schon Deutschunterricht.“ Das gefällt dem Manager.

Er erklärt: „In Dänemark hast du in jeder kleineren Stadt große Fußball- und Sportkomplexe. Von daher sind die Jungs oft gut bis sehr gut ausgebildet. Insofern setze ich mich gerne ins Auto um Fußballspiele in Sønderjyske zu sehen.“

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Zudem: Scouten in Skandinavien geht eher still über die Bühne. Denn während Viertligaspiele der U23 von Hannover 96 und Werder Bremen oft von einer handvoll Beobachter und Berater gescannt werden, sieht Bornemann in Dänemark einen Markt mit besseren Bedingungen. Meistens ist er der Einzige, der mit Zettel und Stift am Spielfeldrand die Stärken und Schwächen eines möglichen Zugangs notiert. „Ein großer Vorteil“, so Bornemann.

Und ja, das war’s auch schon. Eine gute Dreiviertelstunde mit Andreas Bornemann. Am Ende kommt er nochmal ein kleines bisschen in Schwung und lobt die Qualität der Regionalliga. „Das Niveau ist durchweg gut. Wenngleich es schon ein gewisses Leistungsgefälle zwischen den Teams gibt. Aber keine Mannschaft lässt sich hängen. Insofern ist es eine spannende Liga, die viele Derbys bietet.“

Trotzdem soll es für Holstein Kiel die letzte Saison in Liga 4 sein.

Foto: www.holstein-kiel.de

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Benny Semmler

Papa, Blogger, Mitgründer FRISCHER FILM, Seniorenspieler USC Paloma, Mitglied UnterstützerClub des FC St. Pauli, Towers-Fan und Gotnexxt.de-Follower.