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Wetten im Norden: Seriös oder mit Geschmäckle?

Eine kleine Wettaffäre (zum BILD-Artikel vom 16. Januar) beschäftigte die Hamburger Amateurfußballszene in der Winterpause. Der Hamburger Fußballverband reagiert daraufhin lobenswert und rigide. Doch lässt sich das Wettverhalten überhaupt noch regulieren? Und wie viel „Geschmäckle“ hat die langjährige Partnerschaft des HFV mit dem Pokal-Namensgeber „Oddset“? Wir fragten nach.

 

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Die Winterpause in der Oberliga-Hamburg war alles andere als langweilig, schließlich beschäftigten die Schlagzeilen über das Wettverhalten einiger Akteure nicht nur die Spieler selbst, sondern auch die Vereine und ganz besonders den hiesigen Hamburger-Fußballverband. Dieser reagierte mit einer Note und verschärfte die Richtlinien für Wetten in der Oberliga-Hamburg restriktiv. So ist es nun auch Verwandten und den Spielern nahestehenden Personen wie Lebenspartnerinnen und Freunde untersagt, auf die Partien des jeweiligen Spielers zu setzen. Eine Regelung die zwar inhaltlich absolut legitim erscheint, deren letztendliche Umsetzung sich jedoch schwierig gestalten sollte, sowohl in der juristischen als auch in der praktischen Ausführung.

In den Diskussionen um die Wettproblematik, die sich bisher hauptsächlich auf die ertappten Spieler konzentriert, fehlt bisher bemerkenswerterweise eine hochinteressante Komponente. Der Fußballverband, der lobenswerterweise die Wettpraktiken einzudämmen versucht, wird seit Jahren vom Sportwettenanbieter „Oddset“ (Lotto-Hamburg) finanziell beträchtlich unterstützt.

Carsten Byernetzki, seines Zeichens Verantwortlicher für die Öffentlichkeitsarbeit beim Hamburger Fußball-Verband, sieht darin jedoch kein Problem: „Wir machen uns da überhaupt keine Gedanken. „Lotto“ ist ein überaus seriös wirtschaftendes Unternehmen, dass zudem keine Wetten im Hamburger Amateurfußball anbietet.“ Der Medienfachmann resümiert: „Das ist einfach ein Fall, in dem zwingend eine differenzierte Betrachtung erforderlich ist.“

Wahrscheinlich erscheint es jedoch, dass die medienwirksamen Schlagzeilen des Hamburger-Boulevards nicht unbemerkt am wichtigen Partner vorbei gegangen sind. Eben jene Vermutungen scheinen sich zu bestätigen, schließlich erfuhr BLOG-TRIFFT-BALL dass die Hamburger Fußball-Offiziellen intensive Gespräche mit dem langjährigen Geldgeber führen. Lotto-Hamburg-Pressesprecherin Petra Schulz bestätigt: „Ja es werden derzeit Gespräche über die Ereignisse der letzten Woche geführt, jedoch ist das nichts Ungewöhnliches, schließlich stehen wir als Partner im stetigen Austausch.“

Wirkliche neue Informationen wollte die Lotto-Hamburg Mitarbeiterin jedoch nicht abgeben: „Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft über die laufenden Gespräche geben kann. Es wäre gegenüber  unserem langjährigen Partner unfair, wenn wir die Medien vorab über nähere Details informieren würden. Fakt ist aber, das es keine Grundlage für etwaige Spekulationen gibt. Deshalb sehen wir keinen Anlass für eine umfassende Kommentierung unsererseits.“

Im Gegensatz zur Lotto-Hamburg verzichtete der betroffene Wettanbieter Tipico (bietet Wetten der Hamburger Oberliga an) auf eine Auskunft. Mehrmalige Amfragen wurden schweigend entgegengenommen und nicht beantwortet.

Mit Interesse beobachtet man derweil in Kiel die Geschehnisse aus der Elbmetropole, wie der Pressesprecher des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes Tobias Kruse erklärt: „Natürlich sind auch für uns im Norden die Geschehnisse relevant. Wir sind bisher aber von solchen Vorfällen verschont geblieben.“

Besonders interessant ist der Fußballverband mit Sitz in Kiel dabei aus verschiedenen Gründen. Nicht nur, dass in dem Bundesland zwischen Nord- und Ostsee besondere Richtlinien in puncto Glückspiel gelten, sondern auch die Tatsache, dass auf den Fußball in der Schleswig-Holstein-Liga ebenfalls gewettet werden kann. Zudem wird mit dem VfR Neumünster eins der wichtigsten lokalen Aushängeschilder vom Unternehmen „Mybet“ als Hauptsponsor finanziell unterstützt. Doch auch dieser Anbieter war zu keiner Aussage bereit.

Holteins Medienverantwortlicher Kruse spricht sich jedoch gegen ein generelles Wettverbot in den unteren Ligen aus. „Auch bei den Fußballern in der Schleswig-Holstein-Liga steht im Vordergrund, die bestmögliche Leistung abzurufen. Ein allgemeines Wettverbot ist hier, ähnlich wie in der 3. Liga oder Regionalliga, nicht notwendig“.

Dabei scheint ein grundsätzliches Wettverbot für die unteren Ligen die einzig erfolgsversprechende Alternative im präventiven Kampf gegen die Manipulation von Spielen zu sein.

Sollte der Verband die Möglichkeit besitzen die Lizensierung eben jener Wetten zu beeinflussen, wäre es nur allzu ratsam den Wettanbietern diese zu entziehen.

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Alles andere würde die zuletzt lauthals vorgetragenen Bemühungen gegen Sportwetten durch Beteiligte erheblich konterkarieren.

Schließlich macht es der Premiumpartner des Hamburger-Landesverbands bereits vor, denn Oddset verzichtet auf Wetten im unteren Leistungssportbereich. Da dieses von Verbandsseiten als „besonders seriös“ gelobt wird, wäre ein Nachziehen die logische Konsequenz.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.