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„Wölfe“-WG als Zukunftswerkstatt

Sieben Nachwuchs-Fußballerinnen leben gemeinsam in einem Wolfsburger Pastorenhaus. BLOG-TRIFFT-BALL schaute sich das ungewöhnliche Projekt genauer an. 

 

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Michaela Brandenburg, Emma Chluba, Samantha Dick, Isabell Fischer, Melissa Klüppel, Jasmin Sehan, und Samantha Steuerwald, das sind die Namen der Zukunft der Frauenfußballerinnen des VfL Wolfsburg. Die sieben Mädchen träumen von der Bundesliga und internationalen Spielen.

Für dieses Ziel setzt der VfL auf ein außergewöhnliches Nachwuchskonzept: eine Fußball-WG. Vier Spielerinnen des 97er und drei Spielerinnen des 98er Jahrgangs leben in einem ehemaligen Pastorenhaus zusammen in zwei Doppelhaushälften. „Wir haben uns bewusst für dieses Modell entschieden, weil es aus unserer Sicht intimer und persönlicher ist“, sagt Stephan Lerch, Sportlicher Leiter Nachwuchs und Trainer der U23 der VfL-Frauen. Viola Odebrecht, ehemalige Nationalspielerin und verantwortlich für das Organisatorische rund um die Mädchen-WG sieht das ähnlich: „Unser Konzept ermöglicht es uns im Vergleich zu echten Internaten etwas mehr auf die individuellen Charaktere einzugehen. Das ist natürlich ein Vorteil.“

MannschaftsfotoB-Juniorinnen

Im Alltag begleitet werden die Spielerinnen von drei ausgebildeten Pädagogen, die die Mädchen bei der Gestaltung des Leistungssportleralltags unterstützen. Die Betonung liegt dabei auf Unterstützen, denn den Betreuern und Trainern ist es wichtig, dass die Spielerinnen Eigenständigkeit und Verantwortung lernen. Trotzdem muss natürlich einiges organisiert werden, um den Spielerinnen den Alltag so einfach wie möglich zu machen. „Oft geht es um Kleinigkeiten wie das Beantragen von Schulfrei, wenn sie zur Nationalmannschaft fahren oder ins Frühtraining müssen. Das organisieren dann die Betreuer“, sagt Odebrecht. Vor allem auf die Vereinbarkeit von Schule und Sport wird beim VfL Wert gelegt. Mit der Eichendorffschule in Wolfsburg hat man in diesem Bereich den idealen Partner gefunden.

Alle sieben Spielerinnen gehen auf das Gymnasium, das den Status einer „Eliteschule des Fußballs“ sowohl für Juniorinnen als auch für Junioren hat, und erhalten dort beispielsweise die Möglichkeit verpasste Einheiten nachzuholen und zweimal die Woche während der Schulzeit zu trainieren. „Ich denke durch die Partnerschaft mit der Schule und dem CJD haben wir sehr gute Bedingungen geschaffen, um Talente zu entwickeln“, sagt Kellermann. „Das sieht auch der DFB so, der unseren Weg für einen sehr guten hält und uns das auch regelmäßig bestätigt.“

Auch sportlich sorgen die WG-Bewohnerinnen für Furore. Michaela Brandenburg und Jasmin Sehan spielen in der neuformierten U19- Nationalmannschaft und wurden im vergangenen Jahr als Stammspielerinnen U17- Europameisterinnen. Während die beiden bereits im zweiten Jahr in der WG wohnen sind Samantha Dick, ebenfalls im Kader der U17 Europameisterinnen, Emma Chluba, aktuelle U17- Nationalspielerin, und Isabell Fischer, neu im Internat. Alle fünf spielen in der U23- Mannschaft des VfL.

„Man sieht bei allen Spielerinnen, dass sie sehr fußballorientiert leben und sich intensiver damit beschäftigen können als andere. Gerade die besser koordinierbare schulische Belastung macht sich bemerkbar. Das ist auf jeden Fall leistungsfördernd“, sagt Lerch.

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Das Talent der Spielerinnen steht dabei außer Frage, denn bei nur acht Internatsplätzen schauen die Verantwortlichen ganz genau hin, bevor sie jemanden verpflichten. „Die Verträge laufen langfristig und jede Spielerin hat ein Anrecht auf ihren Platz bis sie mit der Schule fertig ist. Daher gucken wir schon ganz genau, wen wir in die WG holen“, sagt Lerch.

Bis jetzt sind die Verantwortlichen zufrieden mit dem Verlauf des Projekts und der Entwicklung der Talente, ob es auch langfristig erfolgreich ist hängt dabei auch von den Spielerinnen selbst ab. „Das Potential ist auf jeden Fall da und wir versuchen sie auf ihrem Weg zu unterstützen, wann und ob sie es schaffen sich in der ersten Mannschaft durchzusetzen hängt von ihnen selbst und auch ein bisschen vom Glück ab“, sagt Lerch.

In Wolfsburg ist man jedoch zuversichtlich, dass sich die Investition in den Nachwuchs langfristig lohnt und die Spielerinnen aus der WG ein wichtiger Teil der Zukunft der in den letzten fünf Jahren erfolgreichsten Frauenfußballmannschaft Deutschlands sind.

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Rebecca Winkels

Rebecca Winkels ist ständig unterwegs zwischen verschiedenen Städten, Freundeskreisen und Aufträgen. Von Hause aus Wissenschaftsjournalistin hat die Leidenschaft für den Fußball, das Schreiben und das Filmen sie zu BTB geführt. Dem Lebensziel alle Kontinente zu besuchen kommt sie mit großen Schritten näher (ab April fehlen nur noch die Arktis und Südamerika).