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96-Coach: In der 4. Liga musst du Dreck fressen

Am Samstag schaffte die U23 von Hannover 96 mit einem 2:0 Erfolg gegen Victoria Hamburg einen kleinen Befreiungsschlag. BLOG-TRIFFT-BALL sprach nach dem Spiel mit Trainer Sören Osterland über seinen „Matchplan“, ob er mit 27 Jahren Autoritätsprobleme im täglichen Training hat und wie er den bisherigen Saisonverlauf einschätzt? 

 

Sie gestikulierten wild, es flogen Stifte! Wie zufrieden waren Sie mit dem Spiel beim SC Victoria?
Vielleicht sah es von außen nicht so aus, aber ich bin mit dem Spiel und der Einstellung meiner Spieler sehr zufrieden. An der Seitenlinie lebe ich das vor, was ich von meinen Spielern auch verlange: Hundertprozentigen Einsatz und Fokussierung auf die Sache. Ich bin detailbesessen und arbeite während des Spiels an Kleinigkeiten. Dann kann das Ganze ausschweifend wirken.

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Sie sind seit dieser Saison Trainer der U23 von Hannover 96. Kann man schon die Handschrift Ihrer Trainingsarbeit auf dem Platz erkennen?
Es ist schwer, in der U23 das klare Konzept frühzeitig so deutlich zu erkennen. Profis kommen von oben, Jugendspieler von unten. Wir haben viele Verletzte. Es braucht eine gewisse Zeit, damit alle Spieler meinen Plan begriffen haben. Und es gibt, darauf habe ich immer hingewiesen, starke Leistungsschwankungen bei einer U23. In der letzten Trainingswoche hatte ich das Gefühl, dass es immer besser wird. Schritt für Schritt werden die Sachen nach meinen Vorstellungen umgesetzt.

Welchen Fußball wollen Sie sehen?
Nehmen Sie das 1:0. Solche Angriffe erwarte ich ungefähr sechzigmal im Spiel. Genau das haben wir in der letzten Woche trainiert. Ich erwarte einen flachen Spielaufbau von hinten. Nach vorne erwarte ich ein aggressives Gegenpressing. Der Gegner soll gar nicht in unsere Hälfte kommen. Wir wollen weit weg von unserem Tor und somit hoch verteidigen. Das haben wir heute ganz gut gemacht. Zwar nicht über 90 Minuten, aber das wäre auch schlecht, sonst müsste ich nicht mehr arbeiten.

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Mit 27 Jahren sind Sie ein sehr junger Trainer. Gibt es eigentlich ein Autoritätsproblem in der Mannschaft aufgrund Ihres Alters.
Wenn man fachlich gut ist, dann spielt das Alter keine Rolle. Und die Spieler sollen Autorität empfinden, weil sie sagen: Der Trainer bringt uns voran. Es ist ähnlich wie bei jungen Spielern: Auch junge Trainer müssen lernen und sich entwickeln. Ich komme immer wieder in Situationen, die sehr lehrreich sind. Die ich annehmen muss. Nach einer Rückbetrachtung meiner ersten Phase bei Hannover 96 habe ich in den letzten Wochen einiges geändert.

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Was haben Sie geändert?
Wir haben Christopher Dabrowski dazugeholt. Mir ist bewusst geworden, dass es schwer ist, gerade als junger Trainer, die Distanz zur Mannschaft zu halten. Deswegen haben wir jetzt zwischen mir und der Mannschaft noch einen Co-Trainer geschaltet. Ich habe in den letzten Wochen schon die Linie etwas härter angezogen. Unangenehme Entscheidungen getroffen. Wie es als Cheftrainer sein muss. Christopher Dabrowski kann näher an den Jungs sein. Ich kann jetzt distanzierter arbeiten und meinen Plan noch klarer umsetzen: Wer nicht mitzieht, wird auch nicht spielen.

Die U23 von Hannover 96 wurde als Meisterkandidat gehandelt. Jetzt ist es Tristesse Mittelfeld.
So muss man es definitiv sagen! Hätten wir heute verloren, dann wären wir ganz unten dabei gewesen. Ich habe hier einen Kader vorgefunden, den ich nicht beeinflussen konnte. Tabellarisch wollen wir uns jetzt erstmal stabilisieren. Ich sehe es anders als viele Trainerkollegen, die aufgrund der Abschlusstabelle uns in eine Favoritenrolle gepresst haben. Das ist nicht unser Ziel. Unser Ziel ist es, die Mannschaft zu filtern und herauszufinden, wer für höhere Aufgaben bestimmt ist. Meine Ansprüche sind: Hier bei der U23 mit jungen Profis zusammenzuarbeiten, die in der 4. Liga ruhig den ganzen Dreck fressen müssen, um sich die nächste Stufe zu verdienen. Im Saisonverlauf werde ich genau hinschauen, wer dazu in der Lage ist.

Aber da hapert es bei Hannover 96 generell. Die Durchlässigkeit zwischen Jugend und erster Mannschaft ist ein Problem. Wo will man genau die Stellschrauben anziehen, damit es sich ändert?
Wir müssen es wieder schaffen, Spieler für die HDI-Arena auszubilden. Nicht für Holstein Kiel oder andere Vereine. Wir müssen herausfiltern: Wer hat das Potential und wer will; denn das sind die beiden Komponenten, die dazugehören. Und dann werden wir es mit U19 Spieler qualitativ so ergänzen, dass wir sagen: Wir haben eine U23, in der permanent junge Profis ausgebildet werden und den Sprung in die Profimannschaft schaffen.

Matthias Friede

Schon in jungen Jahren musste Matthias Friede erkennen, dass ihn der Fußballgott nicht mit ausreichend Talent gesegnet hat. Trotz seines überharten Einsatzes spielte sich seine Fußballkarriere auf Kreisebene ab. Statt in der glamourösen Welt des Fußballs für Skandale zu sorgen, drückte er im Studium der Geschichts- und Politikwissenschaft die harte, hölzerne Bank auf der Universitätstribüne. Trotz oder gerade wegen dieser Ungerechtigkeit des Fußballgottes beschäftigt er sich leidenschaftlich theoretisch mit dem runden Leder.