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Ole Springer: „Ich will professionell Fußball spielen!“

Ole Springer gilt als einer der besten Torhüter der Regionalliga Nord. Mit dem VfR Neumünster steckt der 23-Jährige dabei aber mitten im Abstiegskampf. BLOG-TRIFFT-BALL sprach mit dem Torsteher über seine Perspektive im Torhütergeschäft, fragte nach, ob der Traum vom Profifußball auch in Liga vier noch Bestand hat.

Foto: Patrick Lage

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Ole, seit ein paar Wochen ist bei euch Winterpause. Schon angekommen im Ruhemodus?

Ganz ist der Kopf noch nicht frei. Das liegt zum einen natürlich an der Tabellensituation, da wir momentan einen Abstiegsplatz belegen. Wenn du oft verlierst und nicht die Punkte geholt hast, die du eigentlich brauchst, stellst du dir halt schon die Fragen, warum es nicht so geklappt hat, wie man es sich vielleicht erhofft hatte. Zum anderen ist die Situation als Regionalligafußballer auch eine Neue für mich gewesen. Ich habe noch nie so viele Spiele durchgängig gemacht. Ich glaube, ich war 20 Wochenenden hintereinander im Tor.

Du sprichst den 16. Platz des VfR Neumünsters an. Woran lag es denn?

Ich finde, dass es nur ein paar Spiele gab, wo wir wirklich mies waren und deutlich verloren haben. Ansonsten war fast in jedem Spiel etwas drin, wir haben nur nicht die Chancen genutzt und dazu noch ab und an auch Pech gehabt. Aber genau das gibt mir Zuversicht. Wir sind nicht weit weg, und haben es demnach in der eigenen Hand, wo wir am Ende landen.

Nun wurdest Du als bester Torhüter der Liga ausgezeichnet. Ist doch eine nette Situation, wenn es in jedem Spiel etwas zu tun gibt – so kann man sich wenigstens einige Male auszeichnen.

Das kann man ja so oder so sehen. Natürlich kann man einige Bälle mehr spektakulär herausfischen, sich öfter auszeichnen als ein Torhüter, der vielleicht nur zwei Bälle pro Spiel aufs Tor bekommt. Aber das ist ja nur die eine Facette des Torwartspiels. Selbst wenn du nicht gerade in die Winkel springst, gibt es ja genug zu tun. Genug Anforderungen, die vielleicht noch nicht jeder sieht und erkennen kann.

Du meinst die Stichwörter „modernes Torhüterspiel“.

Ja, wie gesagt: die Zeiten, wo es ausreicht, tolle Reflexe zu haben und Flanken abzufangen, sind meines Erachtens vorbei. Heute muss man auch am Ball gut sein, herauskommen, sofern man Gefahren früh antizipiert. So ist man immer über 90 Minuten gefordert.

Nun spielst Du in der vierten Liga. Stehst auf der Schwelle zum Profifußball. Du bist aber auch schon 23 und studierst. Träumt man da noch vom Profifußball?

Natürlich habe ich noch das Ziel, mit dem Fußball meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das steht für mich sogar außer Frage. Ich habe in meinem Leben so viel für die Chance investiert, irgendwann professionell Fußball spielen zu können. Und dass ich bereits 23 bin, sagt doch nichts über meine Entwicklungschancen aus.

Du wurdest beim FC St. Pauli ausgebildet. Warst bis zur U23 bei den Hamburgern. Wie gut lief es damals bei dir? Warst du immer Stammtorhüter?

Naja, das mit den Stammtorhütern ist in der Jugend ja so eine Sache für sich. Da soll ja jedes Talent gefördert werden und seine Einsätze bekommen. So saß ich auch häufiger mal draußen auf der Bank. Es ist aber in soweit gut gelaufen, dass es nie die großen Bedenken oder Sorgen um die Übernahme in den nächsten Jahrgang gab. Da lief alles flüssig.

Viele Talente enden erst einmal als Nummer drei in der Profimannschaft. Wieso ist dir das nicht gelungen?

Es war eine nicht unkomplizierte Zeit für mich. Denn in der U23 wurde es mit den Einsätzen schon etwas enger. Dazu muss ich sagen: Ich habe oft bei der ersten Mannschaft mittrainiert, war im Dunstkreis de Profis. Aber in der U23 gab es drei, vier Torhüter, die die Chance hatten zu spielen. Da zählten die Ersatzspieler der ersten Mannschaft dazu, dann du selbst und dann kamen von unten wieder neue gute Jungs hoch.

Lähmt der Druck? Ich kann mir vorstellen, dass man sich schon denkt: Ein Fehler, und schon spielst du die nächsten vier Wochen nicht.

Druck ist nicht generell schlecht. Im Gegenteil, du brauchst ihn ja, um dich zu entwickeln. Auch ich stehe in Neumünster in großer Konkurrenz. Wir haben drei Torhüter, die spielen wollen. Und damit ich spiele, muss ich besser sein als meine Teamkollegen. Das pusht dich.

Aber?

Es ist schon wichtig, dass du das Gefühl hast, dir einen Fehler erlauben zu können. Wenn du das Vertrauen spürst und weißt, dass der Trainer an dich glaubt, dann ist man in seinen Aktionen entschlossener. Dann zögert man nicht so stark, als wenn einem bewusst ist: Oh, wenn ich den jetzt nicht kriege, dann habe ich mehr Probleme als „nur“ dieses dumme Gegentor.

Um noch einmal auf die eine Frage bezüglich deines Werdeganges zurückzukommen: Welchen Schritt erachtest Du als sinnvoller: auf der Bank zu sitzen und von einem Vollprofi lernen, oder den Schritt in eine unterklassige Liga wagen um Spielpraxis zu sammeln?

Die Frage ist schwer zu beantworten, weil ich ja nur aus meiner Perspektive antworten kann. Ich denke aber schon, dass ich den für mich besten Weg gegangen bin. Meiner Meinung nach musst du spielen, Erfahrungen sammeln und auch Enttäuschungen hinnehmen, um dich entscheidend verbessern zu können. Ob es jetzt richtig war, bis in die Oberliga zu gehen, weiß ich dagegen nicht. Festzuhalten bleibt aber: Beschweren kann ich mich momentan nicht.

Nun spielt ihr ja in der Liga und auch in der Vorbereitung gegen viele zweite Mannschaften. Hat man da denn schon vor Augen, dass durchaus der ein oder andere Scout auf der Tribüne sitzt?

Ganz ehrlich? Das interessiert mich kaum. Ich denke an Neumünster und an unser Ziel, und wie ich selber meinen Teil dazu beitragen kann. Und generell ist es doch so: Wenn man immer gut spielt, egal gegen wen es geht, dann wird das schon wahrgenommen und registriert.

Um dennoch ein wenig nachzuharken: Denkst du auch ans Ausland? Die deutsche Torwartschule ist sehr angesehen und Beispiele wie Hendrik Helmke zeigen, wie positiv eine Auslandskarriere verlaufen kann.

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Ob das Ausland eine Überlegung wert wäre? Ab einem gewissen Zeitpunkt mit Sicherheit, ausschließen würde ich es nicht. Aber es gibt dabei soviel zu beachten, sodass es einfach nicht möglich ist, eine Prognose zu treffen. Sicher ist nur: Ich werde alles dafür geben, damit es nicht bei der Schwelle bleibt. Und da gilt es zunächst, mit dem VfR den Klassenerhalt zu erreichen.

Ole, zum Abschluss. Wenn es nichts werden sollte, mit dem Prof-Dasein, wo sehen wir dich in fünf Jahren? Gibt es Berufspläne?

Ich studiere jetzt im dritten Semester BWL. Ich habe damit angefangen, um mir ein zweites Standbein aufzubauen. Allerdings gibt es keinen anderen Traumjob oder eine feste Richtung, die ich mir jetzt schon vorgenommen habe. Alleine schon deshalb, weil ich darauf hoffe und daran glaube, meine Ziele im Fußball zu erreichen.

Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.