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Paulis Christian Rahn: Zurück im Kinderzimmer

Der Hamburger Freistoßkünstler Christian Rahn kehrte im Sommer zu seinen Wurzeln zurück und unterschrieb einen Vertrag bei den Amateuren vom FC St. Pauli. Der 34-Jährige, gerne auch als der beste Linksfuß der Welt bezeichnet, spricht im BLOG-TRIFFT-BALL-Interview querbeet über seine Zeit als Bundesligaprofi.

 

Herr Rahn, was liegt Ihnen besser: Freistöße über die Mauer zirkeln oder Beachvolleyball zocken?
Gute Frage. Im Urlaub spiele ich schon sehr gerne Beachvolleyball, aber es ist ja nun nicht meine Hauptbeschäftigung. Deshalb bin ich bei den Freistößen wohl besser aufgehoben.

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Als Hamburger-Jung muss man Sie natürlich fragen: Welcher Klub hat Sie mehr in Ihrer Jugend geprägt: Der FC St. Pauli oder der HSV?
Zunächst war es Altona 93, für die ich in der Jugend acht Jahre gespielt habe. Im Jahr 1994 bin ich dann zu Pauli gegangen und habe dort meinen Weg in Richtung Profikarriere beschritten. Am Ende kann ich nicht sagen, wer mich mehr geprägt hat. Ich habe sowohl bei Pauli als auch beim  Hamburger SV wichtige Jahre meiner Karriere erlebt.

Sie sind jetzt zum FC St. Pauli zurückgekehrt und spielen für die U23 in der Regionalliga. Ist es eine Rückkehr ins Kinderzimmer?
Ja, Kinderzimmer ist schon ein gutes  Stichwort. Ich bin ja viel älter als meine Teamkollegen, könnte bei einigen sogar fast der Vater sein. Deshalb ist dieser Vergleich gar nicht so abwegig. Ich freue mich natürlich darüber, meine Karriere bei Pauli ausklingen lassen zu können, denn am Millerntor wurde ich schließlich Profi und bin natürlich auch sehr froh, wieder nach Hamburg zurückzukehren. Ich hoffe ich kann die Mannschaft als erfahrener Spieler verstärken und jungen Talenten bei ihrer Entwicklung unterstützen.

Sie werden ewig ein Weltpokalsiegerbesieger sein. Fällt Ihnen zu dieser Bezeichnung noch etwas Kluges ein?
Es ist natürlich schon sehr lange her. Es war damals ein absolutes Highlight, denn wann bekommt man schon die Gelegenheit, mit einem kleinen Verein die großen Bayern zu schlagen und das, wie ich denke, auch sehr verdient. Natürlich bleiben die Erinnerungen an dieses Spiel und an den Hype, der unmittelbar darauf folgte.

 Sie wechselten  nach dem Abstieg zum Hamburger SV und wurden noch im Sommer Nationalspieler. Wie haben Sie ihren persönlichen Aufstieg erlebt?
Ich muss zuerst sagen, ich habe mich nie wirklich als richtiger Nationalspieler gefühlt. Ich habe damals vor der WM in Japan und Südkorea  meine ersten Spiele absolviert, da viele etatmäßige Kräfte noch anderweitig beschäftigt waren. Dennoch denke ich gerne an die Zeit zurück und glaube, mit ein wenig mehr Glück wären es mehr Spiele geworden. Aber das ist ja nun alles längst Vergangenheit und abgeschlossen.

Mit einem immer noch aktuellen Spieler haben Sie eine Zeit zusammengespielt. Wie war es an der Seite von Lukas Podolski ?
Ich habe mich mit Poldi sehr gut verstanden und wir haben den Aufstieg auf Anhieb geschafft. Ich habe ihn als sehr professionellen Spieler erlebt, für den der Aufstieg mit seinen Heimatverein etwas ganz Besonderes war.

Sie feierten noch einen weiteren Aufstieg, damals mit Hansa Rostock. Sie haben den Aufstieg mit einem Freistoß besiegelt. Ihr vielleicht schönstes Tor?
Ich habe in meiner Karriere nur schöne Tore erzielt. Nein, Spaß beiseite. Es ist natürlich toll, auf diesen Weg alles klar zu machen. Es war eine Riesenerleichterung, den Aufstieg am letzten Spieltag zu feiern. Es war ein Erfolg der ganzen Mannschaft, die super harmonierte und den Erfolg zusammen erkämpfte.

Was verbinden Sie mit dem Karlsruher SC?
Das war ein Wahnsinnsspiel damals. Niemand hat auf uns einen Pfifferling gesetzt, als wir zur Pause mit 3:0 zurücklagen. Aber wir als Mannschaft hatten irgendwie das Gefühl, dass das Ding noch nicht durch war. Als wir dann den Anschluss herstellten, waren wir wie ausgewechselt. Ich bin mir sicher: Hätte das Spiele nur fünf Minuten länger gedauert- wir hätten gewonnen.

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Sie wechselten nach der Station in Rostock nach Führt. Ein Kulturschock?
Nachdem es bei mir in der Saison 2008/09 drunter und drüber ging und ich den FC Hansa verlassen musste, hatte ich nicht die große Auswahl. Den Schritt nach Fürth habe ich aber nie bereut. Auch wenn mir der Wechsel zunächst schwer fiel.

Wo schmeckt es denn besser: Im Norden oder bei den Bayern im Süden?
Diese Frage kann ich nicht wirklich beantworten. Ich habe auch die Kultur in Bayern sehr zu schätzen gelernt und habe auch die bayrische Küche sehr genossen. Es ist wirklich schwer zu sagen, welche Küche mir mehr zugesagt hat.

Ihr Bruder spielt in der Oberliga-Hamburg. Sehen wir beide Rahns nochmal in einer Mannschaft, oder würde es zu viel Knatsch um die Ausführung der Standartsituationen geben?
Ja, er kann tatsächlich gute Freistöße schießen. Ob wir noch einmal zusammenspielen kann ich natürlich noch nicht sagen. Ich konzentriere mich jetzt auf meinen Zweijahresvertrag bei St. Pauli und danach muss ich halt sehen, was danach vielleicht noch kommt. Ich bin ja nun auch schon in einem gewissen Alter. Der Gedanke ist aber durchaus reizvoll.

Foto: FC St. Pauli
Hannes Hilbrecht

Hannes Hilbrecht schreibt und schrieb nebenbei für ZEIT ONLINE, NDR.de und den Berliner Tagesspiegel. Füllt ein Marketing-Magazin mit Liebe (GrowSmarter.de) Und er liest eine spannende Case Story genauso gerne wie den neuen Roman von Ralf Rothmann.